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„Mein Interesse an der Architektur und der Fotografie verschmelzen in diesem Beruf.“ – Stefan Weber im Interview

Stefan Weber fotografiert Traumhäuser, Wohnoasen, Baudenkmäler, aber auch moderne Industrieanlagen und Sporthallen. Als Architekturfotograf ist es seine Aufgabe, die Bauten ins rechte Licht zu rücken. Im DigitalPHOTO-Interview erklärt er, wie er seine Bilder plant und welchen ungewöhnlichen Herausforderungen er begegnet.

Stefan Weber im Interview

Architektur kann man auf vollkommen unterschiedliche Weise fotografieren – von experimentell bis klassisch. Werden Fotos für einen Auftrag verlangt, sind in der Regel Bilder gefragt, auf denen die Gebäude bestmöglich präsentiert werden.

Mit einer eigenen, kreativen fotografischen Handschrift verbindet sich auf der Aufnahme beides: die Schönheit eines Hauses mit der Kunst der Fotografie. Wir haben uns mit dem Schweizer Architekturfotografen Stefan Weber über seinen Beruf unterhalten.

DigitalPHOTO: Vielleicht können Sie uns kurz Ihren Beruf als Architekturfotograf umreißen. Wie würden Sie ihn definieren?

Stefan Weber: Als Architekturfotograf beschäftige ich mich mit dem fotografischen Abbild von Architektur. Ich sehe mich als Dienstleister für den Architekten, indem ich versuche, die Bauwerke im Sinn des Architekten abzubilden.

Woher stammt Ihr Interesse an Architektur und wann war Ihnen bewusst, dass Sie Architekturfotograf werden wollen?

Meine berufliche Laufbahn habe ich als Hochbauzeichner und Bauleiter gestartet. Danach beschäftigte ich mich immer intensiver mit der Fotografie. Um mich für diesen Bereich zu spezialisieren, absolvierte ich schließlich eine Lehre als Fotograf. Die Architektur hat mich aber immer schon interessiert, und in der Architekturfotografie kann ich beide Interessen vereinen.

Wie sahen Ihre ersten Aufträge aus?

Das ist mittlerweile über 20 Jahre her. Für einen Architekten fotografierte ich eine Serie, „Bauten in unserer Region“. Damals noch mit Mittelformat- und Großformatkamera auf Dia-Filmmaterial.

Von Ihnen verlangt man, Architektur in Perfektion abzulichten. Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen in Ihrer Arbeit?

In der Regel ist die Zeit mit den idealen Lichtverhältnissen knapp. Es ist also entscheidend, dass alle Details für diesen Zeitpunkt optimal vorbereitet sind. Eine gute Planung der Aufnahmen schützt vor Überraschungen. Für mich heißt das: Es gilt abzuklären, ob wirklich alles bereit ist.

Wie sehen diese Planungen konkret aus? Gibt es Vorabbesichtigungen oder auch Vorgespräche?

Meist erhalte ich vorab von den Architekten Baupläne und Fotos. So kann ich mir bereits ein erstes Bild vom Objekt und dessen Lage machen. Bei einem Vorabgespräch kläre ich anschließend die genauen Bedürfnisse und Wünsche des Kunden ab.

Manchmal ist auch eine Vorabbesichtigung sinnvoll, so kann mir der Architekt auch seine Gedanken und Hintergründe zum Objekt mitteilen. Weiter gilt abzuklären, wie Rollläden und Beleuchtung zu handhaben sind. Ist beispielsweise die Beleuchtung dimmbar? Oder sind bei Außenaufnahmen noch störende Baumaschinen oder Absperrungen im Bild?

Häufig finden die Aufnahmen kurz nach der Fertigstellung des Gebäudes und vor dem Einzug statt.

Das ist in der Tat oft eine Herausforderung, da Handwerker meist noch kleinere Fertigstellungsarbeiten wie Retuschen leisten müssen. Aber meist kann man sich mit ihnen gut arrangieren. Sie wissen, dass ich als Fotograf auch meine Arbeit machen muss.

Welches Licht schmeichelt Ihrer Meinung nach Architektur am meisten?

Am liebsten fotografiere ich frühmorgens oder auch am späteren Nachmittag, wenn die Sonne schöne Schatten wirft. Nicht ideal ist für mich das grelle Licht um die Mittagszeit – bei hochstehender, greller Sonne.

Sehr gerne fotografiere ich auch bei Dämmerung zur blauen Stunde.

Entscheiden Sie vor Ort, was Sie alles fotografieren – oder wissen Sie das schon vorher?

Bei einem kleineren Objekt erstelle ich zuerst die Hauptaufnahmen mit den für mich besten Aufnahmewinkeln. Danach fotografiere ich aber auch alle anderen Seiten des Gebäudes. Oft findet man die guten Aufnahmestandorte erst während des Fotografierens.

Sie fotografieren Innen- als und Außenaufnahmen. Wo liegen die Unterschiede?

Bei den Außenaufnahmen ist der Aufnahmezeitpunkt deutlich entscheidender. Der Lichteinfall bei diesen Hauptaufnahmen sollte ideal sein. Im Innenbereich ist die Witterung etwas weniger bildbestimmend.

Hier die Anschlussfrage: Bei Ihnen schaut man oftmals von innen nach außen und andersherum. Zufall oder Absicht?

Es macht ein Foto spannend, wenn man bei einer Außenaufnahme auch Einblick ins Innere des Gebäudes hat und umgekehrt. Bei Außenaufnahmen ist das oft nur in der Dämmerung richtig realisierbar, wegen der Spiegelung der Fenster.

Durch den Einbezug des Außenraums bei Innenaufnahmen kann die Umgebung des Objekts ins Bild integriert werden. Dies sollte jedoch subtil erfolgen, bei zu starker Betonung des Außenraums wirkt das Bild sonst unnatürlich.

Wie lange brauchen Sie ungefähr für Ihre Aufnahmen – können Sie das abschätzen?

Das ist immer unterschiedlich, aber man kann sagen, dass ich je nach Größe des Hauses mit einem halben bis einem Tag Aufnahmezeit rechne. Das ergibt etwa 30 bis 50 Aufnahmen.

Arbeiten Sie nur mit vorhandenem Licht, oder kommen auch Blitze zum Einsatz?

Meist arbeite ich nur mit dem vorhandenen Licht, habe aber immer Blitze als Back-up dabei, da es doch Situationen gibt, in denen der Einsatz von Blitzlicht angebracht ist.

Ein Stativ ist sicher Pflicht. Wie sieht es mit einem Fernauslöser aus, nutzen Sie den?

Meist arbeite ich nur mit einem Drahtauslöser. Einen Fernauslöser brauche ich aber auch – meist bei Badezimmer- oder Küchenaufnahmen, da ich sonst in der Spiegelung sichtbar bin.

Besonders bei wechselnden Lichtsituationen oder Dämmerungsaufnahmen ist schnelles Arbeiten von Vorteil – dies ist einfacher mit schlankem Equipment ohne Rechner – aber ein Stativ ist immer dabei. 

Mit welcher Fototechnik arbeiten Sie – sprich, Kamera und Objektive?

Die meisten Aufnahmen entstehen mit meiner Canon EOS 5DS. Für Architekturaufnahmen sind Tilt-und-Shift-Objektive unabdingbar.

Meine Lieblingsobjektive sind das Canon TS-E 24mm 1/3,5L II und das Canon TS-E 17mm f/4L, mit denen ich eine Vielzahl an Fotos umsetze. Darüber hinaus kommen bei mir außerdem das Canon TS-E 50mm f/2.8L und das Canon TS-E 90mm f/2.8 zum Einsatz – allesamt Tilt-und-Shift-Objektive.

Lassen Sie uns noch ein wenig ins Detail gehen: In der Architekturfotografie werden oft mehrere Bilder von ein und derselben Perspektive fotografiert und anschließend in der Nachbearbeitung übereinander gelegt – warum macht man das?

Eine herausragende Bildqualität erreicht man meist nur, indem man mehrere Belichtungen zu einem HDR-Bild vereint, schlichtweg, um Helligkeitsunterschiede anzupassen und auf einem Foto zu vereinen.

Denn würde man beispielsweise lediglich eine einzelne Aufnahme ausschließlich aus nur einer RAW-Datei entwickeln, entstünde in den aufgehellten Schatten ziemlich schnell ein unschönes Bildrauschen. Um das zu vermeiden, arbeite ich in der Regel mit mehreren Belichtungen, die dann in der Bildbearbeitung miteinander zu einem Bild verwoben werden müssen.

Guter Punkt: Was passiert bei Ihnen nach dem Shooting, wenn Sie am Rechner sitzen? Welche Programme nutzen Sie hier?

Tatsächlich ist die Nachbearbeitung ein bedeutender Teil der Arbeit eines Architekturfotografen. Ich verwende verschiedene Programme. Angefangen mit Photo Mechanic, das bei mir für die Bildauswahl zum Einsatz kommt.

Und wie sieht es mit der Bildnachbearbeitung aus? Was kommt da zum Einsatz?

Nachdem ich für mich eine Bildauswahl festgelegt habe, setze ich anschließend die verschiedenen Belichtungen in Lightroom zu einer Einzelaufnahme zusammen. Die Basiskorrektur findet dann ebenfalls in Lightroom statt.

Nach der definitiven Bildauswahl, über die letztlich der Architekt oder Auftraggeber mitentscheidet, werden die Aufnahmen dann noch in Photoshop weiter optimiert und fertig retuschiert.

Wie sieht es mit Vorbildern aus? Gibt es andere Architekturfotografinnen und -fotografen, die Sie inspirierend finden – oder auch aus einem anderen Genre?

Ich liebe das Werk des Schweizer Reportagefotografen Werner Bischof. Sein Umgang mit Licht und Schatten in seinen Schwarzweiß-Aufnahmen, aber auch die Vielfalt seiner Motive und Themen sind für mich bis heute besonders beeindruckend.

Innerhalb weniger Jahre schuf er ein qualitativ hochstehendes künstlerisches Werk, das mich sehr inspiriert. Ebenso inspirieren mich aber auch die Bildkompositionen des französischen Magnum-Fotografen Henri Cartier-Bresson.

Zum Schluss noch die Frage, was Sie besonders an Ihrem Beruf mögen? Sie hätten ja zum Beispiel auch Menschen fotografieren können, entschieden sich aber für Bauwerke.

Mein Interesse an der Architektur und der Fotografie verschmelzen in diesem Beruf. Die Arbeit ist oft herausfordernd und sehr abwechslungsreich. Es macht mir ganz einfach viel Spaß, gute Architektur aufs Bild zu bringen.

Der Fotograf

1965 im schweizerischen Aarberg geboren, absolvierte Stefan Weber zunächst eine Ausbildung zum Hochbauzeichner und Bauleiter, ehe er 1993 eine Lehre als Fotograf begann und seit 1997 selbstständig als Fotograf tätig ist.

Heute arbeitet Weber in der Schweiz in der Nähe von Bern, wo er ein denkmalgeschütztes Bauernhaus umgebaut und darin sein Fotoatelier eingerichtet hat. Sein Tätigkeitsgebiet ist die Architektur- und Interieurfotografie.

www.swebfoto.ch

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