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„Ich liebe es, eine Stimmung und ein Gefühl einzufangen, hinter dem eine interessante oder berührende Geschichte steht.“ – Fotografin Anne Krämer im Interview

Anne Krämer hat ihren Stil gefunden. Feinfühlig und authentisch inszeniert die junge Fotografin Menschen, sei es für klassische Porträtaufnahmen, für stimmungsvolle Reportagen oder Hochzeiten. Wie sie ihre Bilder erstellt, welche Hilfsmittel sie braucht und welche Technik sie nutzt, erklärt sie im Interview.

Fotografin Anne Krämer im Interview

Bei Porträtfotos kommt es auf Feinheiten an: Wie gut oder schlecht die Stimmung am Set ist, zeigt sich meist auf einem Bild. Auch muss mit der jeweiligen Lichtsituation umgegangen werden. Und schließlich entscheidet die eigene Handschrift über den ganz persönlichen Stil.

DigitalPHOTO: Sie haben hauptsächlich Menschen vor der Kamera. Was fasziniert Sie an der Arbeit mit Menschen?

Anne Krämer: Für mich ist es das Geschichtenerzählen. Ich liebe es, eine Stimmung und ein Gefühl einzufangen, hinter dem eine interessante oder berührende Geschichte steht – und dazu gehört für mich meist auch eine Person: eine Protagonistin beziehungsweise ein Protagonist.

Welche Aufträge setzen Sie um?

Ich fotografiere Reportagen und Porträts für Magazine, Unternehmen und Privatpersonen. Viele finden mich über Google, wenn sie auf der Suche nach einer Reportage- oder Hochzeitsfotografin sind. Einige Unternehmen schreibe ich auch gezielt an, wenn ich denke, dass mein Stil der Fotografie gut zu ihrer Story oder ihren Produkten passen würde. Oft ergeben sich daraus spannende, langfristige Zusammenarbeiten.

Wie läuft ein Shooting bei Ihnen ab?

Das lässt sich ganz schwer verallgemeinern und das ist es übrigens auch, was ich an der Fotografie liebe: Es ist immer etwas Neues. Eine neue Geschichte. Bei geplanten Porträts und Unternehmensshootings oder Kampagnen ist das natürlich eine andere Sache.

Hier habe ich schon vorher viele Ideen im Kopf, die ich bei größeren Produktionen auch auf einem Moodboard festhalte. Und dann geht es ganz viel um die Stimmung, eine lockere Atmosphäre, damit sich die Person vor der Kamera fallen lassen kann und Vertrauen fasst. 

Und wie entsteht so eine lockere Stimmung?

Am Set von größeren Produktionen ist es mir besonders wichtig, dass sich alle wohlfühlen und Spaß an der Arbeit haben. Hier ist wenig Hektik, etwas Leckeres zu essen für zwischendurch und gute Musik, die bei allen Personen die Laune hebt und die Anspannung löst, unverzichtbar.

Ihre Bilder wirken sehr atmosphärisch. Wonach suchen Sie in Ihren Bildern?

Genau das ist es wonach ich Ausschau halte und wofür ich ein Auge habe: die Atmosphäre und Stimmung an einem Ort. Hier kann das Wetter eine besondere Rolle spielen, aber auch das Licht und natürlich die Person vor der Kamera.

Wenn alles zusammenpasst und einen Teil der Geschichte des Menschen vor meiner Kamera erzählt, dann ist für mich ein Bild perfekt. Weiches Licht mag ich am liebsten, besonders wenn zarte Porträts entstehen sollen, die den Betrachter mitnehmen in eine andere Welt.

Eine Frage zum Posing: Stichwort „Schokoladenseite“ – wie erkennt man die?

Für mich haben die Menschen nur dann eine sogenannte Schokoladenseite, wenn sie das selbst auch so sehen. Dann fokussiere ich mich natürlich gerne auf genau diese, da mein Gegenüber sich damit dann immer am wohlsten fühlt. Ansonsten ist auch hier die entspannte Atmosphäre am wichtigsten, um die Anspannung bei der porträtierten Person zu senken. Außerdem mag ich gestellte Posen nicht gerne.

Die Bilder müssen authentisch sein und aus dem Moment heraus entstehen. Ich gebe höchstens kleine Anweisungen, wie zum Beispiel, das Model auf mich zulaufen zu lassen, aber ich gebe keine genauen Posen vor.

Wie sieht es mit der Kleidung oder dem Makeup aus – geben Sie das vor?

Bei vielen meiner Shootings gebe ich das vor, ja. Bei Reportagen und Fotoshootings für Privatpersonen allerdings nicht. Hier empfehle ich nur grob, was zu meinem Stil am besten passen würde. Das sind helle, zarte Farben und wenig Muster auf der Kleidung und ein natürliches Make-up.

Aber hierbei ist noch viel wichtiger, dass sich die Person vor der Kamera wohlfühlt. Sonst kann eine Person auch nicht authentisch festgehalten werden, so, wie sie ist – das ist für mich die Hauptsache.

Lassen Sie uns über die Locations sprechen. An welchen Orten fotografieren Sie?

Ich bin gerne in der Natur unterwegs und entdecke gerne neue und schöne Orte. Diese sind dann auch meist die Locations für meine Fotoshootings. Hier lasse ich mich inspirieren und mir fallen direkt Bildideen ein, die ich an der jeweiligen Location wunderbar umsetzen kann.

Oft nehme ich meine Kamera auch einfach auf meine Streifzügen und Wanderungen mit und sobald mir die Stimmung und ein Ort gefallen, kommt sie zum Einsatz. 

Nutzen Sie nur natürliches Licht?

So lange es möglich ist, nutze ich natürliches Licht. In Innenräumen arbeite ich bei meinen Reportagen natürlich auch mit den vorhandenen künstlichen Lichtquellen und blitze, wenn es unbedingt nötig sein sollte. Künstliches Licht nimmt für mich aber oft etwas der echten Stimmung in den Fotos und deshalb nutze ich es nur ungern.

Welches Objektiv eignet sich Ihrer Meinung nach am besten für Porträtfotos?

Wenn ich mir genug Zeit nehmen kann, dann nehme ich gerne meine 35mm-Festbrennweite, die offenblendig ein wunderschönes Bokeh und eine tolle Unschärfe erzeugt. Wenn ich allerdings auch schnell agieren muss, wie bei der Reportagefotografie, dann fühle ich mich mit einem lichtstarken Zoomobjektiv mit 24–70mm am wohlsten. Beides hat seine Berechtigung.

Und welche Kameraeinstellungen?

Bei natürlichem, hellem Tageslicht fotografiere ich meist sehr offenblendig und mit einem sehr niedrigen ISO-Wert, um ISO 100. Die Belichtungszeit passe ich dann daran an. Ansonsten stelle ich nur noch den Weißabgleich auf das Umgebungslicht ein – was aber meistens, da ich ja viel draußen mit natürlichem Licht fotografiere, eine ähnliche Einstellung ist.

Welche Jahreszeiten reizen Sie am meisten?

Für mich hat eigentlich jede Jahreszeit ihren ganz eigenen Reiz. Ich liebe den Wechsel. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, wäre es wahrscheinlich der Herbst. Hier sind die Farben in der Natur besonders schön und warm und man hat öfter nebelige Tage mit ganz besonders sanftem und diffusem Licht, das ich gerne für meine Art der Fotografie nutze.

Zu welchen Tageszeiten gehen Sie am liebsten fotografieren?

Am liebsten nutze ich das weiche Tageslicht – das ist am schönsten in den Morgenstunden bei oder kurz nach Sonnenaufgang und in den Abendstunden vor dem Sonnenuntergang. Wobei ich hier aus irgendeinem Grund das Licht und die Stimmung beim Sonnenaufgang meistens schöner finde als beim Sonnenuntergang.

Um die Mittagszeit herum meide ich direkte Sonneneinstrahlung, da für mich das Licht dann meist zu hart ist und ich unschöne Schlagschatten im Gesicht vermeiden will.

Heißt: Fotografieren Sie lieber draußen?

Lieber draußen, da mich diese Umgebung am meisten inspiriert und man draußen je nach Wetter und Licht so viele verschiedene Stimmungen einfangen kann.

Wie sieht es mit Hilfsmitteln wie Diffusoren oder Reflektoren aus – nutzen Sie so etwas und wenn ja, wie setzen Sie sie ein?

Ich vermeide so gut es geht eine direkte Sonneneinstrahlung bei meinen Porträtaufnahmen und fotografiere meistens im Schatten oder ansonsten auch mal gegen die Sonne, deshalb nutze ich meist keine Diffusoren oder Reflektoren.

Lassen Sie uns zum Schluss noch über die Bildnachbearbeitung sprechen. Mit welchem Programm arbeiten Sie?

Ich bearbeite meine Bilder immer in Lightroom, achte aber grundsätzlich darauf, nicht zu viel zu bearbeiten und sie relativ natürlich zu lassen. Ganz wenige Bilder laufen bei mir zusätzlich noch mal durch Photoshop. In meiner normalen Nachbearbeitung in Lightroom passe ich die Bilder auf meinen Farb- und Bildstil an.

Hierzu zählen vor allem das Freistellen und Geradeausrichten, die Grundeinstellungen mit Weißabgleich, Tonwert und- Präsenz, manchmal eine Anpassung der einzelnen Farbkanäle und Anpassungen in den Details und Objektivkorrekturen.

Was sind Ihre schönsten Foto-Momente?

Wenn die Lichtstimmung immer besser wird und ich gar nicht aufhören kann zu shooten. Und natürlich der Moment am Ende eines Shootings, wenn ich das Gefühl habe, wirklich alles im Kasten zu haben, und die Situation, die Geschichte und die Atmosphäre perfekt eingefangen habe. Dann bin ich happy.

Die Fotografin

Aufgewachsen in Wolfenbüttel bei Braunschweig, lebt Anne Krämer (28) heute in Lübeck, wo sie selbstständig als Fotografin arbeitet. Besonders Reportagen und Fotoshootings für nachhaltige Unternehmen und Magazine, die sich mit einer langsamen Lebensweise zurück zur Natur beschäftigen, haben es ihr hierbei angetan.

Stimmungsvolle Kampagnen hält sie ebenso fest, wie immer wieder auch Hochzeiten für Privatpersonen. Außerdem zieren ihre atmosphärischen Fotos mittlerweile die Cover vieler internationaler Buchtitel.

www.annekraemer.com

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