Während wir uns in Teil 1 und 2 unserer Serie um die Ideenfindung und Recherche gekümmert haben, geht es nun ans Fotografieren. Welche Grundregeln gilt es zu beachten und wie finden Sie die bestmögliche Komposition? Landschaftsfotograf Markus Albert gibt Ihnen erneut zahlreiche Tipps.
Kaum etwas ist frustrierender, als mit dem Stativ unterm Arm umherzuirren, während das Licht bereits perfekt ist. Deshalb: Machen Sie sich früh genug mit der Location vertraut! Sie möchten zum Sonnenuntergang oder am nächsten Morgen shooten? Scouten Sie am besten schon tagsüber. So vermeiden Sie böse Überraschungen und finden schon vorher Ihren Lieblingsstandpunkt. Mit Apps wie PhotoPills informieren Sie sich zum genauen Stand von Sonne, Mond und Sternen.
Komfortzone verlassen
Auch wenn das frühe Aufstehen weh tut: Es lohnt sich, vor Beginn der Dämmerung vor Ort zu sein. Denn hohe Wolken und Berggipfel glühen oft nicht nur zum Sonnenaufgang und -untergang, sondern auch schon 30 bis 60 Minuten früher bzw. später. Wenn Sie Ihre Komposition bzw. Ihre Perspektive gefunden haben, gilt:
Behalten Sie diese und warten Sie das beste Licht ab! Ständige Positionswechsel bergen die Gefahr, dass Sie sich verzetteln – und besser ist ein einziges perfektes Bild statt vieler mittelmäßiger. Außerdem können Sie auf diese Weise die beste Version des Himmels mit Ihrem eigentlichen Motiv zu einem „Time Blending“ kombinieren.
Komposition ist alles
Ein Landschaftsbild mit Tiefe lebt von mehreren Ebenen:
- Vordergrund,
- Mittelgrund und Hintergrund
- sowie einem Hauptobjekt.
Führende Linien (engl. leading lines) können helfen, den Blick zum Objekt zu lenken. Dabei sind Sie mit der bekannten Drittel-Regel kompositorisch meist auf der sicheren Seite: ein Drittel Himmel und zwei Drittel Land. Es gilt: Vermeiden Sie wenn möglich toten Raum (z. B. zu viel blauer Himmel) oder zu viel Chaos (z. B. Totholz im Wald) und füllen Sie das Bild möglichst mit spannenden Elementen.
Balancieren Sie Objekte im Bild aus und achten Sie darauf, dass Sie nichts anschneiden oder Objekte wie Bäume sich gegenseitig verdecken. Geben Sie beim Shooting ruhig etwas mehr „Fleisch“ für einen späteren Beschnitt.
Mit Stativ oder aus der Hand?
Beides hat Vor- und Nachteile. Wenn Sie das Stativ vor Ort sofort aufklappen, legen Sie sich möglicherweise zu früh auf eine konkrete Position fest und sind dann weniger flexibel, wenn der Plan oder die Komposition doch geändert werden muss.
Mein Tipp: Komponieren Sie zunächst aus der Hand, merken Sie sich die Position und stellen Sie danach Ihr Stativ auf. Auch Testschüsse mit dem Handy können helfen. Wenn Sie nicht gerade Belichtungsreihen machen, geht es vielleicht sogar ohne Stativ.
Belichtung kontrollieren
Nutzen Sie aktiv das Histogramm Ihrer Kamera: Belichten Sie „nach rechts“, aber vermeiden Sie in jedem Fall Überbelichtungen! Zwar lassen sich bei modernen Kameras in der Nachbearbeitung oft noch Details aus den Schatten holen – überbelichtete Stellen bleiben jedoch verloren.
Ist der Dynamikumfang im Bild zu groß (sprich: der Himmel ist zu hell, während die Schatten schon „absaufen“), können Sie eine automatische oder manuelle Belichtungsreihe erstellen. Achten Sie darauf, dass in der dunkelsten Version die Highlights nicht überbelichtet sind und die hellste Version genug Details in den Schatten offenbart. Diese Belichtungsreihe können Sie später in Photoshop zu einem Bild mit geringerer Dynamik zusammensetzen.
Stichwort: Focus Stacking
Was unser Auge natürlicherweise leistet – scharf stellen, egal, wohin der Blick fällt –, kann die Kamera nur bedingt leisten. Um also ein Bild mit möglichst großer Schärfentiefe zu erreichen, lässt sich das Focus Stacking nutzen: Stellen Sie jeweils auf Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund scharf.
Die einzelnen Bilder können Sie später in Photoshop zusammenrechnen lassen. Je näher Sie am Vordergrundmotiv sind, umso mehr Bilder brauchen Sie für die perfekte Schärfe.
Blende 22 sorgt hier für die größte Schärfentiefe. Bei komplizierten Objekten wie z. B. den Blütenblättern empfiehlt sich das manuelle Scharfstellen auf die einzelnen Teile. Ihre Kamera beherrscht automatisches Fokus Stacking? Umso besser!
Markus Albert ist Landschaftsfotograf aus Frankfurt am Main. Auf seinen Fotoreisen in Europa und Übersee jagt er das ganze Jahr neue Motive. Lichtstimmung und Atmosphäre sind für ihn die wichtigsten Elemente eines spannenden Landschaftsfotos. Mit Workshops, 1:1-Kursen und Portfolio-Reviews hilft Markus anderen Interessierten bei den Themen Komposition und Bildbearbeitung.