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„Bei der Nachbearbeitung geht es nicht nur um Korrekturen, sondern darum, den Bildern den letzten Feinschliff zu geben.“ – Marco Rothenburger im Interview

Besondere Modebilder entstehen nicht im Vorübergehen. In der Regel braucht es eine ausführliche Planung und eine genaue Vorstellung, wie das Shooting ablaufen soll. Profifotograf Marco Rothenburger schöpft aus vielen Jahren Foto-Erfahrung. Uns stand er Rede und Antwort.

Marco Rothenburger im Interview: Ausdruck im Blick

Nicht jede und jeder inszeniert gerne Menschen vor der Kamera. Neben fotografischem Geschick ist hier Fingerspitzengefühl gefragt. Marco Rothenburger weiß das genau. Seit Jahren fotografiert er für Top-Marken.

Seine Bilder sprechen eine kräftige Sprache, voller starker Farben. Man merkt dem Wahlhamburger seine Leidenschaft für die Modefotografie an. Uns gibt er Einblicke in seine faszinierende Arbeit.

DigitalPHOTO: Herr Rothenburger, Sie fotografieren Models und Mode – sind das allgemein gefasst auch Ihre Schwerpunkte?

Marco Rothenburger: Ja, das sind definitiv meine Schwerpunkte. Ich habe mich auf Beauty-, Fashion- und Produktfotografie spezialisiert, weil diese Bereiche eine spannende Mischung aus Ästhetik, Kreativität und technischer Herausforderung bieten.

Wie begann Ihre fotografische Reise dorthin?

Die Reise begann schon 2002, als ich mir meine erste Digitalkamera gekauft habe: eine Olympus C-300. Ihr kennt sie vielleicht, diese kleinen 3-Megapixel-Knipsen, mit dem ikonischen „Schnipp“-Mechanismus vorne. Damals war es revolutionär, ein Foto direkt auf dem Display sehen zu können.

Zuerst war ich in der Eventfotografie unterwegs, aber mit der Zeit wurde mir das zu monoton. Ich wollte mehr inszenieren, mehr gestalten. 2005 habe ich angefangen, mit Freunden erste inszenierte Projekte umzusetzen, und das hat mich letztlich auf den Weg gebracht, auf dem ich heute bin.

Offensichtlich haben Sie gerne mit Menschen vor der Kamera zu tun. Sie hätten ja auch Architekturfotograf werden können.

Die Arbeit mit Menschen ist für mich essenziell. Genau das ist es, was die Fotografie für mich so spannend und abwechslungsreich macht. Jeder Mensch bringt eine eigene Geschichte mit, und ich habe das Privileg, diese Geschichten in meinen Bildern einzufangen.

Man lernt ständig neue Persönlichkeiten kennen, erlebt unterschiedliche Perspektiven und bekommt Einblicke in Welten, die man sonst vielleicht nie sehen würde. Es sind der Austausch, die Energie und die Zusammenarbeit mit Menschen, die meine Arbeit lebendig machen und mich jeden Tag aufs Neue motivieren.

Vielleicht ein Klischee, aber kann es auch mal anstrengend werden, wenn viele – kreative – Menschen mit ihren Ideen aufeinandertreffen?

Oh ja, es kann anstrengend werden, aber genau das macht die Arbeit auch spannend. Oft entstehen daraus die besten Ideen. Trotzdem ist Harmonie am Set für mich essenziell.

Ein respektvolles und positives Umfeld fördert Kreativität und sorgt dafür, dass alle ihr Bestes geben können. Wie würden Sie Ihren Fotostil beschreiben? Mein Fotostil ist klar, detailverliebt und ästhetisch. Besonders fasziniert mich der Beauty- Stil, bei dem die Augen im Fokus stehen.

Licht spielt eine große Rolle. Würden Sie sich eher als Studiofotograf bezeichnen oder gehen Sie lieber raus? Und warum das eine oder das andere?

Das hängt oft von der Jahreszeit ab. Im Winter konzentriere ich mich auf Studioarbeiten, aber sobald das Wetter mitspielt, bin ich draußen unterwegs. In der freien Natur hat man nicht nur ausreichend Licht, sondern auch an jeder Ecke eine neue Kulisse und natürliche Lichtformer vor Hauswänden über helle Böden bis hin zu schattigen Plätzen. Es fühlt sich an wie ein riesiger Spielplatz für Kreativität.

Haben Sie ein bevorzugtes Licht-Set-up? Wenn ja, wie sieht das aus?

Wenn es um Beauty geht, ja: das Clamshell- Lighting. Ein Tisch mit weißer Oberfläche, der als Aufheller dient, und eine 60-×-60-cm-Softbox etwa 30 Grad leicht rechts vom Tisch mit Model gestellt.

Auch die Farben sind mitunter knallig. Rot kommt häufiger vor. Was gefällt Ihnen an kräftigen Farben?

Ich liebe kräftige Farben – die haben einfach Power. Und Rot? Ganz klar, das steht für Feuer und Leidenschaft.

Wie sieht ein typischer Auftrag aus?

Meine Kunden sind wirklich breit aufgestellt: Vom medizinischen Bereich bis hin zur Mode ist alles dabei. Da ich viel im Bereich Werbung arbeite, ist jedes Projekt anders und muss individuell gedacht werden. Immer das Gleiche zu machen, wäre nichts für mich.

Ich liebe es, kreativ neu zu denken. Einer meiner letzten Kunden war das junge Label CHER, für das wir eine großartige T-Shirt-Kampagne in Kapstadt umgesetzt haben. Aber auch etablierte Kunden wie AIR Hamburg, Juvéderm, Profoto oder Shiseido gehören dazu – nur um ein paar Beispiele zu nennen.

Wie viel wird vor einem Shooting abgesprochen? Gibt es klare Vorgaben, die Sie sozusagen abarbeiten, oder haben Sie freie Hand und entscheiden spontan?

Fast alle meine Shootings werden vorab geplant – mal mehr, mal weniger. Alles startet mit einer Idee oder einem Auftrag, je nach Thema.

Danach kommt die Recherche: Moodbilder, die die Richtung zeigen, ob für Posings, Hair & Make-up, Casting, Mode oder Locations. Dann geht es an die praktische Planung: Casting, Scouting, Props und Organisation. Bis zum Shooting kann das schon mal dauern, aber das gehört dazu! Nach dem Shooting folgt dann die Nachbearbeitung und Abgabe.

Wo, würden Sie sagen, liegen Ihre Stärken – fotografisch, aber auch generell?

Fotografisch liegen meine Stärken in der Liebe zum Detail und in meiner Fähigkeit, Ästhetik und Technik perfekt zu kombinieren. Ich denke, das ist es auch, was ich am besten von allem kann.

Welches Kamerasystem nutzen Sie und warum? Seit wann arbeiten Sie damit?

Ich benutze für meine Arbeit überwiegend Canon. Warum? Weil mir vor allem die Bedienung gefällt. Das ist für mich einer der wichtigsten Aspekte. Ich muss meine Kamera schnell und intuitiv nutzen können – und das im Schlaf, damit ich meinen Fokus auf das Fotografieren setzen kann.

Die beiden Modelle, mit denen ich im Moment arbeite, sind die Canon EOS- 1D X Mark I und die Canon EOS R5.

Die Bildnachbearbeitung haben Sie bereits kurz angesprochen. Welchen Stellenwert nimmt sie in Ihrer Arbeit ein?

Die Nachbearbeitung ist tatsächlich ein zentraler Teil meiner Arbeit. Hier geht es nicht nur um Korrekturen, sondern darum, den Bildern den letzten Feinschliff zu geben. Dies kann schon mal ein bis zwei Stunden pro Bild in Anspruch nehmen.

Ich achte besonders auf Hautretusche, Farbgebung und Kontraste, damit alles stimmig wirkt und zum gewünschten Look passt. Ich nutze dafür Programme wie Photoshop und Lightroom, aber auch Aftershoot oder Capture One.

Haben Sie vielleicht ein, zwei Tipps für all jene, die gerade mit der Fashion-Fotografie starten? Worauf sollte man am Anfang besonders achten?

Am Anfang sollte man sich nicht auf Magazine, Stylisten oder Top-Brands konzentrieren. Überlege dir ein Konzept, Schnitte, Farben oder Muster, erzähl dazu eine kleine Story, wo das Styling passen würde, schau dir andere Mode-Editorials an und verstehe, was diese besonders macht. Oder schreib mir einfach.

Schlussfrage: Welche Fotopersönlichkeiten haben Sie geprägt?

Karl Lagerfeld und Peter Lindbergh. Lagerfeld hat mich mit seinem Sinn für Mode und seiner kreativen Vision geprägt, und seine Person an sich ist sehr faszinierend. Er konnte Mode und Fotografie wie kaum ein anderer verbinden.

Peter Lindbergh bewundere ich für seinen zeitlosen Stil und seine Schwarzweiß-Fotos. Beide haben die Fotografie auf völlig unterschiedliche, aber inspirierende Weise bereichert.

Der Fotograf

Der Wahlhamburger hat sich auf Mode, Beauty und Still Life spezialisiert. Zu seinen Auftraggebern gehören u. a. Modemagazine wie Vogue, ELLE und L’Ófficiel, aber auch namhafte Kunden wie Fielmann, PG oder Juvéderm.

Gemeinsam mit Katarina Hildebrandt führt Marco Rothenburger ein modernes Fotostudio in Hamburg- Wilhelmsburg, das er auch vermietet.

Instagram: @marcorothenburger | www.marco-rothenburger.de

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