Landschaften faszinieren Fotografen seit jeher. Aufgenommen im richtigen Licht, können sie beim Betrachten regelrecht verzaubern und für einen kurzen Moment den Alltag vergessen machen. Im Interview spricht Christof Simon über die Art und Weise, wie er seine Bilder komponiert.

Christof Simon im Interview: Eine Welt voller Motive
Spektakuläre Landschaftsmotive können, müssen aber nicht auf weiten Reisen entstehen. Fotograf Christof Simon zeigt beides: Im Interview spricht er über Bilder, die er in Neuseeland und in seiner Heimat Tirol aufgenommen hat.
Außerdem erklärt er, wie sich seine Leidenschaft für die Landschaftsfotografie über die Jahre entwickelt hat, und gewährt uns unter anderem einen interessanten Einblick in seinen Fotorucksack.
DigitalPHOTO: Herr Simon, wann haben Sie die Leidenschaft für die Landschaftsfotografie entdeckt? Gab es einen Auslöser?

Christof Simon: Schon in Jugendjahren bin ich mit der Kamera meines Vaters, einer analogen Canon EOS 650, hin und wieder losgezogen. Mit Mitte 20 hat mich das Fotografieren auf einigen Fernreisen dann erneut gepackt. Da hat sich schließlich das Interesse für die Landschaftsfotografie entwickelt und ist bis heute geblieben.
Hatten Sie die EOS 650 damals mit dabei?
Ja, die war anfangs immer dabei. Meine Freundin hatte auch noch eine neuere analoge Canon-Spiegelreflexkamera. Meine EOS 650 war mir aber am liebsten. Fotografiert haben wir fast immer auf Diafilm. Neben einem Weitwinkelobjektiv und einem Tele hatten wir damals nicht viel dabei. Auch das Stativ blieb meistens daheim. Irgendwann kam ein Polfilter dazu.
Mit welcher Kamera fotografieren Sie heute?
Meine Ausrüstung hat sich stark verändert. Nicht nur, dass alles digital geworden ist. Heute ist bei mir fast immer ein Stativ dabei. Ich fotografiere inzwischen mit einer Canon EOS 5DS R, davor mit der 5D II, und mit Canon-Objektiven von 16 bis 300 mm. Am liebsten mag ich das Canon EF 16–35mm f/4L IS USM. Außerdem arbeite ich häufig mit Filtern, einem Polfilter, mehreren Grauverlaufs- und Graufiltern.
Canon EOS 5DS R Digitalkamera, 53 Megapixel
Was verlangen Sie von einer Kamera?

Ich finde, eine Kamera muss für die Landschaftsfotografie nicht viel besitzen. Klar, ich mag den Vollformatsensor an meiner 5DS R mit seinen 50 Megapixel, speziell für großformatige Drucke.
Aber auch ein APS-C-Sensor hat seine Vorteile. Es ist damit leichter, eine große Schärfentiefe zu erreichen, was in der Landschaftsfotografie meist erwünscht ist. Der oft zitierte Dynamikumfang oder der Autofokus sind für mich als Landschaftsfotograf eher nebensächlich.
Die gezeigten Bilder sind sowohl in Ihrer Heimat als auch auf Fernreisen entstanden.
Früher habe ich fast ausschließlich auf Reisen fotografiert. Wahrscheinlich, weil mir die eigene Heimat zu vertraut war und ich das Besondere nicht gesehen habe. Später hat sich das gewandelt.
Heute fotografiere ich auch gerne in der näheren Umgebung. Es stimmt, hier zeige ich eine Mischung aus Bildern, die in meiner Heimatregion Tirol, den Dolomiten und auf Reisen nach Neuseeland oder Norwegen entstanden sind.
Was reizt Sie beispielsweise an Neuseeland?
Das Besondere an Neuseeland ist, dass man enorm viele unterschiedliche Landschaftstypen auf relativ engem Raum hat. Dort gibt es Küstenlandschaften, Urwald, Berge, vulkanisches Gebiet, Gletscher und sogar Sanddünen.
Und das alles lässt sich zum Beispiel auf der Südinsel in wenigen Stunden Autofahrt erreichen. In Europa müsste man viel weiter fahren, um Ähnliches sehen zu können. Und natürlich ist Neuseeland nicht so dicht besiedelt, das ist für Landschaftsfotografen immer ein Vorteil.
Worauf achten Sie beim Fotografieren?

Es gibt leider kein Rezept, das zu immer guten Bildern führt. Aber einige wichtige Dinge versuche ich zu beachten. Vor allem muss das Licht stimmen. Auch das spektakulärste Motiv braucht gutes Licht, damit es auf dem Foto zur Geltung kommt. Meist ist das am frühen Morgen oder am späten Abend.
Und dann versuche ich, Muster zu erkennen, etwas, das sich in der Landschaft wiederholt. Oder ich suche Linien, Dinge, die den Betrachter durch das Bild führen könnten. Auch Farbkontraste können spannende Bilder erzeugen, wie eine weiß leuchtende Birke auf dunklem Hintergrund.
Recherchieren Sie Motive vorab?
Das ist unterschiedlich. Wenn ich auf eine längere Reise gehe, recherchiere ich schon vorab gute Fotolocations und richte auch den Reiseplan danach aus. Auf kurzen Trips, zum Beispiel übers Wochenende, schaue ich mir die Gegebenheiten vor Ort an und lasse mich dort inspirieren.
Ihre Bilder strahlen eine angenehme Ruhe aus – ist das ein Aspekt, der Sie an Landschaftsmotiven reizt?
Ja, das stimmt sicher, manchmal gehen meine Bilder auch in eine fast romantische Richtung. Aber ich fotografiere auch gerne wilde, stürmische Szenen, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Letztlich orientiere ich mich einfach an dem, was mir die Landschaft bietet.
Welche Filter nutzen Sie für Ihre Fotos?

Häufig kommt ein Polfilter zum Einsatz. Aber auch Neutraldichtefilter und Grauverlaufsfilter verwende ich immer wieder. Auch eine Makroschiene nutze ich regelmäßig auf meinem Stativ. Diese ermöglicht es mir, recht einfach genaue einreihige Panoramen zu erstellen.
Wie sieht es mit der Nachbearbeitung aus?
Ich benutze Adobe Lightroom Classic zur Entwicklung der RAW-Dateien und zur Archivierung der Bilder. Wenn es das Bild erfordert, benutze ich Photoshop für weitere Bearbeitungen.
Grundsätzlich mache ich immer Entwicklungsanpassungen, also Weißabgleich, Kontraste und Sättigung. Zur Erhöhung des Dynamikumfangs und zur Vergrößerung der Schärfentiefe verwende ich öfters auch Belichtungsreihen.
Sind Sie immer allein unterwegs?
Früher war ich oft alleine unterwegs, momentan verbinde ich meine fotografischen Tätigkeiten mit meiner Familie. Ich habe einen kleinen Campingbus und wir übernachten, wenn möglich, vor Ort. Ich bin dann schon lange vor Sonnenaufgang unterwegs und komme meist zurück, wenn meine Familie gerade frühstückt.
Es fällt auf, dass Sie gerne Gebäude in Ihre Bilder integrieren, vielleicht auch, um die Dimensionen der Landschaft aufzuzeigen?
Anfangs habe ich immer versucht, alles Menschengemachte, also Gebäude, Zäune und Ähnliches, aus meinen Fotos zu verbannen, weil ich nur die unberührte Natur zeigen wollte. Aber im Laufe der Zeit habe ich für mich erkannt, dass es die unberührte, wilde Natur nur noch sehr, sehr selten gibt.
Die Landschaften in den Alpen zum Beispiel sind ungemein vom Menschen geprägt. Ohne Menschen würde es hier ganz anders aussehen. Von daher habe ich den Menschen und seinen Einfluss auf die Natur als Teil der Landschaft irgendwann akzeptiert. Tatsächlich geben vom Menschen errichtete Dinge oft eine Referenz und helfen dem Betrachter, die Dimensionen auf dem Foto richtig einzuordnen.
Was findet sich alles in Ihrem Fotorucksack?

An Bekleidung führe ich meistens eine Daunenjacke, eine Regenjacke, Handschuhe und eine warme Mütze mit, auch im Sommer. In den Bergen kann es zu jeder Zeit nass und kalt werden. Immer dabei sind auch Sonnencreme, Sonnenbrille, ein Taschenmesser und mein Notizblock. Am Handgelenk habe ich noch eine GPS-Uhr.
Wenn ich in einer unbekannten Gegend unterwegs bin, zeichne ich meinen GPS-Track auf, um im Notfall wieder zurückfinden zu können. Natürlich habe ich auch immer ein Smartphone dabei. Damit kann ich genau bestimmen, wann die Sonne aufoder untergeht.
Gibt es ein Wetter, das Sie besonders mögen?
Im Grunde ist mir fast jedes Wetter recht, außer wenn es wirklich in Strömen regnet. Ein wolkenloser Himmel ist für mich in der Regel nicht sonderlich reizvoll. Wolken erzeugen an den Tagesrändern, also zu Sonnenuntergang und zu Sonnenaufgang, häufig schöne Lichtstimmungen. Das mag ich besonders gerne.
Von den Jahreszeiten ist mir wahrscheinlich der Herbst am liebsten. Dann sind die Farben der Blätter besonders fotogen, aber auch die Luft ist meist klarer als im Frühjahr oder im Sommer. Außerdem beginnt der Tag später und endet früher. Da ich oft zu Sonnenuntergang und am nächsten Morgen zu Sonnenaufgang fotografiere, bekomme ich im Herbst einfach deutlich mehr Schlaf.
Sind Sie schon einmal in eine brenzlige Situation gekommen oder wurden zum Beispiel von einem Unwetter überrascht?
Ich bin unabhängig vom Fotografieren oft in den Bergen unterwegs, sei es im Sommer auf Wanderungen oder im Winter meist auf langen Skitouren. Hin und wieder kommt es schon vor, dass plötzlich dichter Nebel hereinbricht oder es unerwartet stark regnet. Wirklich brenzlig ist es aber fast nie.
Ich schaue mir aber auch immer genau den Wetterbericht an. Nur einmal, es ist schon viele Jahre her, waren wir in einem Geländewagen in den chilenischen Anden unterwegs. Auf einer sehr engen Bergstraße fing es plötzlich stark an zu schneien. Unser Fahrzeug hatte leider nicht die besten Reifen und geriet immer wieder ins Rutschen.
Wir schafften es nach Stunden und großer Anstrengung gerade noch ins Tal. Am Tag darauf lag auf den Bergstraßen bis zu einem Meter Neuschnee. Viele Fahrzeuge sind stecken geblieben und Suchtrupps mussten die Menschen retten. Die Situation war damals wirklich brenzlig.
Was waren Ihre letzten Fotoziele?
Ich habe es nach langem Anlauf endlich wieder nach Norwegen geschafft und dort auf den Lofoten fotografiert. Das war ein Wunsch, den ich mir unbedingt erfüllen wollte. Auch einige urbane Ziele waren dabei. Ansonsten liegt der letzte Fototrip einige Monate zurück – im Spätherbst in den Dolomiten, dort finde ich immer wieder spannende Motive.

Christof Simon ist Webdesigner und Fotograf und lebt mit seiner Familie in Tirol. Neben der Architektur ist die Landschaftsfotografie seine große Leidenschaft. Seine Bilder entstehen meist auf Fernreisen wie in Neuseeland, Kanada, den USA oder in Namibia.
Aber auch in den Alpen treibt er sich immer wieder herum. Besonders in den Dolomiten, seinen Lieblingsbergen, ist er häufig zu finden. Christof ist 45 Jahre alt, Kaffeeliebhaber und zieht eine Nacht im Zelt jedem Hotel vor.