Es ist die Frage aller Fragen, kurz vorm Kamerakauf. Eine eindeutige Antwort darauf gibt es nicht. Warum? Weil jeder andere Erwartungen an eine Kamera hat, unterschiedlich viel Geld auszugeben bereit ist und auf verschiedene Funktionen und Ausstattungsmerkmale Wert legt. Trotzdem gibt es Kriterien, die bei der Entscheidung helfen. Dazu haben wir uns in der Redaktion umgehört und spannende Ansichten für Sie festgehalten.
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Wer sich eine neue Kamera kaufen möchte, hat in den Fachgeschäften, und vor allem natürlich beim Online-kauf, eine schier grenzenlose Auswahl. Schon für 230 Euro bekommt man mit der Canon EOS M10 eine hochwertige CSC mit APSC- Sensor. Das obere Ende der Skala bilden Luxuskameras wie die Leica M, für die man rund 7.300 Euro auf den Tisch legen muss – der Wert eines kleinen Neuwagens! Doch wie viel muss man wirklich ausgeben, um eine gute DSLR oder CSC zu bekommen. Wie viel Qualität darf man für den jeweiligen Preis erwarten? Und: Für welche Anforderungen ist welche Preisklasse geeignet? Anstatt all diese Fragen ausschließlich theoretisch mit technischen Daten und Zahlen zu beantworten, lassen wir in dieser Ausgabe die zu Wort kommen, die von ihren eigenen Erfahrungen berichten können: die Redakteure der DigitalPHOTO. Bei der Planung dieses Artikels hat sich gezeigt, dass die Spannbreite der Kameras, und auch der Kaufpreise, die unsere Redakteure erwähnen, sehr groß ist. Die Kollegen nutzen unterschiedlichste Marken und Modelle – angefangen von einem Kaufpreis von rund 500 Euro bis hin zur Profi-Cam für 2.000 Euro und mehr!
Lassen wir sie doch einfach erzählen, warum sie sich für das jeweilige Modell entschieden haben und was Kameras dieser Preisklasse auszeichnet. Benjamin Lorenz, Testlaborleiter und stellvertretender Chefredakteur der DigitalPHOTO, setzt privat auf eine Fujifilm X-T10, die neu im Handel ohne Objektiv inzwischen schon mit etwas Glück ab rund 550 Euro zu haben ist. Die Kamera aufgrund des relativ geringen Preises als Einsteigerkamera zu bezeichnen, wäre ein Fehler, denn die Fujifilm X-T10 spricht hauptsächlich Fotografen an, die schon Erfahrungen mit DSLRs und CSCs gesammelt haben. So lässt sich über einen Auswahlschalter der Kamera, die sich im schicken Retrodesign präsentiert, zum Beispiel direkt die gewünschte Verschlusszeit einstellen. „Ausschlaggebend für den Kauf der Fujifilm X-T10 waren der große APS-C-X-Trans- II-Sensor, die schicke, wertige Retro-Optik und ihre kompakte Größe“, erklärt Benjamin Lorenz. Die X-T10 ist die „kleine Schwester“ der deutlich teureren X-T1. Die beiden Kameras unterscheiden sich technisch nur marginal – das Gehäuse der X-T10 ist jedoch deutlich kompakter. Und so ist die X-T10 die ideale Reisekamera, die man „auch ohne spezielle Kameratasche immer dabei haben kann“, sagt Benjamin Lorenz.
Hohe Qualität fürs Geld
Abstriche in puncto Qualität muss man also nicht befürchten, wenn man sich für eine Kamera in der Preisklasse um die 500 Euro entscheidet. Für diesen Preis bekommt man leistungsfähige Modelle mit einem großen APS-C-Bildsensor, mit denen man Fotos mit Hintergrundunschärfe ebenso wie Aufnahmen bei schwachem Umgebungslicht mühelos meistern kann – das entsprechende Objektiv vorausgesetzt. Auch Olympus setzt mit der OM-D E-M10 II in diesem Preissegment auf eine Retro-Optik. Hier ist im Inneren jedoch ein Micro-Four-Thirds-Sensor verbaut. Beim Objektivkauf muss man also einen längeren Crop-Faktor berücksichtigen. Für Videofans ist in dieser Preisklasse die Panasonic Lumix GX 80 empfehlenswert. Die MFT-Kamera nimmt Videos in 4K-Qualität auf. Auch DSLRs haben in dieser Preisklasse bereits eine Menge zu bieten. So hat Canon beispielsweise mit der EOS 760D eine Kamera mit APS-C-Sensor und 19-Punkt- AF im Portfolio. Im Gegensatz zu den DSLRs der Einstiegsklasse lässt sich hier das Display drehen, klappen und schwenken.
Höherer Preis, schnellere Kamera
Fotopraxis-Redakteurin Ana Barzakova hat für ihre private Kamera tiefer in die Tasche greifen müssen als Benjamin Lorenz. Ihre Nikon D7200 kostet im Handel ohne Objektiv beim günstigsten Online-Shop rund 900 Euro. „Die Nikon D7200 kommt qualitativ fast an die Profiklasse heran – und das bei einem wie ich finde humanen Preis von rund 1.000 Euro“, so Barzakova. Tatsächlich haben DSLRs in dieser Preisklasse nur wenig mit Einsteigergeräten gemein. So sind nicht nur die Auflösung und die einstellbare ISO-Empfindlichkeit höher – viel entscheidender ist der Autofokus, der deutlich schneller und präziser arbeitet. Dafür sorgen 51-AF-Messfelder. Zum Vergleich: Bei der Einsteigerkamera Nikon D3400 müssen Sie mit nur elf Feldern vorlieb nehmen!
Ein weiterer großer Vorteil dieser Preisklasse: Die Kameras bringen eine deutlich höhere Serienbildgeschwindigkeit mit. So kommt die D7200 im Serienbildmodus auf bis zu sieben Fotos pro Sekunde. Für Landschafts und Urlaubsaufnahmen ist solch eine hohe Geschwindigkeit unerheblich – für Sport- und Actionfotos hingegen ist sie Gold wert! Extrem schnell präsentieren sich auch die anderen Kameras dieser Preisklasse. So glänzt Sonys Alpha 6300 mit dem nach eigenen Angaben schnellsten Autofokus. Ihre hohe Geschwindigkeit verdankt die kompakte CSC mit APS-C-Sensor ihren 425 Phasendetektions- Autofokuspunkten. Beliebt ist die Highspeed- Kamera zudem aufgrund ihrer Videoqualität. Die Alpha 6300 nimmt Videos in 4K auf und hat einen Anschluss für ein externes Mikrofon. Ebenfalls empfehlenswert in dieser Preisklasse ist die Fujifilm X-T1, das Schwestermodell der bereits vorgestellten X-T10. Die X-T1 bringt ein größeres Gehäuse mit, das zudem explizit vor Spritzwasser und Staub schützt. Das Highlight der X-T1 ist jedoch der integrierte optische Sucher, der mit einer 0,77-fachen Suchvergrößerung und mit einer Auflösung von 2,36 Millionen Bildpunkten keine Wünsche offenlässt. Zudem punktet die X-T1, wie auch die kleinere X-T10, mit ihrem X-Trans-Sensor, bei dem durch den Verzicht auf den Tiefpassfilter eine beeindruckende Detailschärfe erreicht wird.
Kameras für Semi-Profis
Wenn man bereit ist, für eine neue Kamera noch etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen, kommt man langsam in Sphären, in denen sich auch Profifotografen bewegen. In der Klasse ab 1.500 Euro finden sich ausschließlich extrem schnelle Modelle. Technik-Redakteur Tim Herpers schwört hierbei auf seine Kamera Canon EOS 5D Mark III. Die Vollformatkamera bringt eine Auflösung von 22,3 Megapixeln und ein 61-Punkt-Autofokus mit. „Ich brauche eine Kamera, auf die ich mich bei Events und Hochzeiten verlassen kann. Die 5D Mark III hat mich nie im Stich gelassen“, so Herpers. Bei voller Auflösung nimmt die Kamera bis zu sechs Bilder pro Sekunde auf. Das Pendant von Nikon in dieser Preisklasse ist die D750, die mit ähnlichen Werten aufwarten kann. Sony schickt die Alpha 7S ins Rennen, die in unserem Testlabor eine Bestnote eingeheimst hat. Wer meint, dass in dieser Liga ausschließlich Vollformatkameras angeboten werden, liegt im Übrigen falsch.
Preislich liegt die DX-Kamera Nikon D500 nämlich sogar noch über der D750. Die D500 gilt als eine der besten APS-C-Kameras, die es am Markt zu kaufen gibt. Die Kamera punktet mit einem abgedichteten Gehäuse aus Carbonfaser und Magnesium und einem Autofokus mit 153 Messfeldern. Dieses AF-System ist das gleiche, das auch in der Profikamera Nikon D5 zum Einsatz kommt. In puncto Geschwindigkeit hängt die APS-C-Kamera ihre Vollformat- Mitbewerber in dieser Klasse locker ab. Bis zu zehn Bilder pro Sekunde sind möglich. Ein weiteres Highlight: Videos werden in 4K-Qualität aufgenommen, was bei DSLRs immer noch eher die Ausnahme als die Regel ist. Möchten Sie lieber eine handliche CSC statt eine große DSLR? Kein Problem: Auch spiegellose Systemkameras sind in diesem Preisbereich zu finden und stehen dabei den Spiegelreflexkameras qualitativ in nichts nach. Olympus schickt hier die OM-D E-M1 Mk II ins Rennen, Panasonic die Lumix GH5. Beide Kameras bringen einen kompakten Micro-Four-Thirds-Sensor mit und zeichnen sich durch einen extrem schnellen Autofokus und einen exzellenten Videomodus aus. Zuschlagen sollten in dieser Preisklasse jedoch nur Fotografen, die bereits Erfahrungen mit dem manuellen Einstellen von Blende und Verschlusszeit haben und sich an anspruchsvolle Motive heranwagen möchten. Solche semiprofessionellen Kameras im Automatikmodus für Urlaubsfotos zu verwenden, wäre hingegen mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.
Kompakter Profi: Alpha 7RII
Langsam, aber sicher kommen wir in die Regionen, in denen man sich ganz genau überlegen sollte, warum man sein Geld investiert. Unser Kollege Carsten Mohr, der privat, aber auch freiberuflich, mit einer Sony Alpha 7RII fotografiert, hat sich die Vollformatkamera im Westentaschenformat unter anderem zugelegt, um damit professionelle Aufträge umzusetzen. Die Kamera bringt einen rückwärtig belichteten Sensor mit. Diese Neuentwicklung macht es möglich, dass mehr Licht auf den Sensor fällt. Zudem punktet die Kamera durch eine hohe Lichtempfindlichkeit. Über 3.300 Euro hat er dafür investiert. Und? Lohnt es sich, so viel Geld für eine Kamera auszugeben? Für Carsten Mohr ist die Antwort klar: „Die Sony A7RII ist dank des geringen Auflagemaßes die vielseitigste Kamera, die ich kenne – mit einer überragenden Bildqualität. Der kontinuierliche Augen- Autofokus der Sony A7RII ist in der Porträtfotografie ein echter Traum!“ Kameras wie die Alpha 7RII wurden für den professionellen Einsatz konzipiert. Schnelligkeit, Auflösung und Verarbeitung sind hier so angelegt, dass keine Wünsche offenbleiben. Aber auch hier müssen sich Fotografen die Frage nach dem Einsatzgebiet stellen: Sport oder Porträt, Werbung oder Reportage? In diesen Oberklassen rangieren Vollformatkameras wie die Canon EOS 5D Mark IV oder die Nikon D810A – Spitzenmodelle für Profi-Ansprüche.
Objektive nicht vergessen
Für die Modelle in allen hier vorgestellten Klassen gilt: Eine Kamera kann immer nur so gut sein, wie das angelegte Objektiv es erlaubt. Das bedeutet: Planen Sie in Ihrem Budget unbedingt den Kauf von mindestens einem lichtstarken Objektiv ein. Nur so können Sie das qualitative Potenzial Ihrer neuen DSLR oder CSC wirklich voll und ganz ausschöpfen.