Spendieren Sie Ihrer Spiegelreflex- oder Systemkamera doch ein neues, umfangreicheres und flinkeres Autofokussystem oder schalten Sie neue Funktionen frei. Ganz einfach und vollkommen kostenlos. Wir zeigen, was Sie brauchen und wie es geht.
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Regelmäßige Updates gehören zu unserem digitalen Alltag. Praktisch täglich sind Aktualisierungen für den Computer oder das Smartphone samt den jeweils zugehörigen Apps und Programmen verfügbar. Installiert werden diese meist automatisch in der Nacht, so dass wir tagsüber nicht in unserer Produktivität gebremst werden. Einige Neuerungen sind dabei essenziell. Etwa, wenn es darum geht, eine neu entdeckte Sicherheitslücke im Betriebssystem zu schließen. Doch wann haben Sie eigentlich zuletzt Ihre Kamera aktualisiert? Oder Ihr Objektiv? Vermutlich gar nicht. Denn obwohl es sich bei beiden um elektronische Geräte mit entsprechender Betriebssoftware handelt, kümmern sich die wenigsten um das Aufspielen möglicher Softwareaktualisierungen. Schade! Denn in den als Firmware bezeichneten Datenpaketen stecken meist wichtige Verbesserungen – und teils ganz neue oder umfangreich überarbeitete Funktionen. Um diese zu erhalten müssen Sie allerdings selbst aktiv werden. Denn auch wenn viele Kameras mittlerweile vernetzt sind, ist ein automatisiertes Software-Update bis dato noch nicht verfügbar. Dieses wäre für die Zukunft wünschenswert, da ein entsprechender Automatismus die Kamera stets aktuell halten und zugleich den Komfort für den Fotografen erhöhen würde. Bis dahin legen Sie Hand an. Und das ist einfacher als gedacht. Wir stellen Ihnen die Vorteile neuer Firmware vor, zeigen Ihnen, wo Sie sie finden – und was Sie unbedingt berücksichtigen sollten.
Praktisch jede Kamera erhält nach einem kostenlosen Softwareupdate einen echten Leistungsboost.
- Benjamin Lorenz, stv. Chefredakteur
Kostenloses Kamera-Upgrade
Zu den interessantesten und sofort spürbarsten Veränderungen, die das Systemupdate der Kamera mit sich bringen kann, gehört das Autofokussystem. Dieses arbeitet mit Algorithmen. Also einem Programm, das dafür sorgt, dass das Foto entsprechend scharf aufgenommen wird. Sowohl bei starren als auch bei sich bewegenden Motiven. Gerade bei Letzterem können die Hersteller durch die Modifikation des Programmcodes oft Optimierungen erzielen, die Ihnen den Fotoalltag erleichtern. Ein konkretes Beispiel ist etwa die Panasonic Lumix GH5, die mit der Firmware 2.4 unter anderem eine verbesserte Motivverfolgung spendiert bekommt. Hilfreich etwa bei Sportaufnahmen, bei denen sich der Bildinhalt, etwa ein Wassersportler, aktiv bewegt und seine Richtung ändert. Durch das Update arbeitet der Autofokus der GH5 noch genauer, schneller und verbleibt auf dem verfolgten Motiv, ohne auf den Hintergrund zu springen. Letzteres würde eine Veränderung des Fokuspunktes mit sich bringen, was es natürlich in der Praxis zu vermeiden gilt. Darüber hinaus bringt Version 2.4 auch Verbesserungen für den Modus 4K/6KFoto mit sich. Einen ähnlichen Leistungsboost gibt es für viele Fujifilm-Kameras. Der Hersteller bietet eine sehr kundenfreundliche Update-Politik, die auch ältere Modelle kontinuierlich berücksichtigt. So gab es etwa im Frühjahr 2018 ein umfangreiches Upgrade für die X-H1, X-T2, X-Pro2, X E3 und X100F. Die neue Software ermöglichte etwa der X-H1, ihren internen Bildstabilisator mit dem objektivinternen zu einem 5-Achsen-System zu vereinen. Ein echter Vorteil in der Praxis und ein starkes Feature, das die X-H1 noch besser macht. Die schon etwas betagte X E3 bekam indes unter anderem erweiterte Blitzfunktionen bei der Funkfernsteuerung von Studioblitzgeräten und neue Bluetooth-Funktionalitäten.
Im Januar 2019 verkündete Sony auf der CES ebenfalls ein Update-Paket mit Wow-Faktor für die Alpha 9, A7 III und A7R III. Die neue Firmware macht den Autofokus der Vollformatkameras von Sony noch besser und bringt zugleich neue Möglichkeiten mit. Mit Softwareversion 5.0 erhält die Alpha 9 sogar eine komplett neu entwickelte Funktion: „Real Time Tracking“ für die Objektverfolgung. Dank des aktuellen Algorithmus mit künstlicher Intelligenz kann die Kamera einen Gegenstand, der einmal in den Fokus gerückt wurde, extrem präzise verfolgen. Die Objekterkennung bezieht Farben, die Entfernung, Muster wie die Helligkeit sowie räumliche Informationen in die Bewegungsvorausberechnung mit ein. Das Ergebnis: Objekte wie einen fliegenden Fußball behält der neue AF praktisch lückenlos im Fokus. Außerdem spendiert Sony einige neue Funktionen, wenn es um die Erkennung von Personen oder Tieren geht: Die Alpha 9 erkennt nach dem Update nicht nur das zur Kamera gewandte Auge, sondern verfolgt dank künstlicher Intelligenz beide Augen noch präziser in Echtzeit. Mit der neuen Firmware 3.0 kommen auch die Alpha 7 III und Alpha 7R III in den Genuss des „Real Time Augenautofokus“. Bei kontinuierlichem Autofokus (AF-C) reicht es, den Auslöser halb durchzudrücken, um die Schärfe permanent auf dem Auge von Mensch oder Tier zu fixieren – abhängig vom Motiv und der jeweiligen Situation. Diese Beispiele zeigen beispielhaft den Leistungsschub, den ein Update mit sich bringen kann. In jedem Fall behebt es Fehler und macht Ihre Kamera noch zuverlässiger. Ob und wo Sie entsprechende Firmwares für Ihr Modell finden und kostenlos herunterladen können, haben wir für Sie im Infokasten auf Seite 26 zusammengestellt.
Neue Funktionen via Firmware-Update sind für Sony ein aktuelles Thema. Wir haben bei Gerrit Gericke, Head of PR, nachgefragt.
Auf der CES wurde von Sony die künstliche Intelligenz in Kameras besonders hervorgehoben. Was ist heute möglich?
Künstliche Intelligenz hilft der Kamera, Motive besser zu analysieren. Wir von Sony hinterlegen unzählige Muster und Strukturen in der Datenbank des Prozessors, so dass die Kamera immer besser zwischen Menschen, Hintergründen oder dem Himmel unterscheiden kann und so selbständig und vor allem in Echtzeit die wesentlichen Elemente des Motivs erkennt.
In der Alpha 6400 spielt der Augen-AF eine besondere Rolle. Was kann dieser leisten?
Der Real Time Augenautofokus lässt die Iris des Models im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr aus den Augen. Einmal erfasst, können störende Elemente zeitweise das Gesicht verdecken, ohne dass der Autofokus den richtigen Schärfepunkt verliert. Selbst wenn sich das Motiv von der Kamera abwendet und erst später wieder den Kopf in Richtung Kamera dreht, lässt sich der Autofokus nicht ablenken. Alles funktioniert intuitiv, denn auf Wunsch lässt sich der Augenautofokus per Auslöser oder über die normale Autofokustaste steuern. Das Drücken einer zusätzlichen Taste wird damit überflüssig. Bei Verwendung der Serienbildfunktion macht sich die kontinuierliche und präzise Schärfenachführung besonders bezahlt.
Die Menüs aller Sony-Kameras sind umfangreich. Welche vielleicht eher unbekannten Funktionen sollte man sich als Fotograf einmal näher ansehen?
Wer manuell fokussiert, sollte sich auf jeden Fall die Fokuslupe und das „Fokus- Peaking“ näher anschauen. Beides sind perfekte Hilfsmittel, um auch bei Offenblende immer den richtigen Schärfepunkt zu treffen. Bei der neuen Alpha 6400 lohnt es sich auch, die verschiedenen Autofokus-Einstellungen im Videomodus in der Praxis auszuprobieren. Hier lässt sich für jede Situation der perfekte Modus finden. Dinge wie das geräuschlose Auslösen gehören hingegen heute bereits zum Standard und sind längst kein Geheimtipp mehr.
Rüsten Sie Ihre Kamera auf
Um in den Genuss der aktuellen Software zu kommen, müssen Sie also zu Beginn auf der für Sie passenden Herstellerseite nachsehen, ob eine entsprechend aktualisierte Firmware angeboten wird. Meist ist dies der Fall. Wobei der Umfang der Neuerungen durchaus variieren und von reinen Fehlerkorrekturen (Bugfixes) bis hin zu Autofokus-Optimierungen oder komplett neuen Funktionen reichen kann. Lohnenswert ist das Update aber in jedem Fall, da es Ihren Fotoapparat besser macht. Übrigens, Firmwares sind nicht nur für Spiegelreflex- und Systemkameras, sondern auch für kompakte Modelle verfügbar. Sie können also im Zweifelsfall direkt alle Ihre Kameras auf den neuesten Stand bringen.
So gehen Sie vor
Laden Sie sich die neue Firmware für Ihre Kamera über die passende Internetseite herunter. Teils müssen Sie zudem eine entsprechende Update-Software Ihres Herstellers für Windows oder Mac downloaden. Prüfen Sie die jeweiligen Systemanforderungen an Ihr Betriebssystem, Ihre Computer-Hardware und Ihre Kamera; diese sollte einen vollständig geladenen Akku besitzen. Zudem benötigen Sie meist das USB-Kabel, das im Lieferumfang enthalten ist. Wichtig: Entfernen Sie den Akku während des Aktualisierungsprozesses nicht, da ein plötzlicher Stromausfall dazu führen kann, dass Sie die Kamera nicht mehr verwenden können. Nehmen Sie zudem die Speicherkarte heraus, bevor Sie den Aktualisierungsvorgang beginnen. Das Systemsoftware-Update dauert einige Zeit. Verhindern Sie also, dass Ihr Computer in dieser Zeit in den Standby-Modus wechselt. Sollte dies geschehen, müssten Sie den gesamten Verlauf wiederholen. Der konkrete Update-Vorgang ist – je nach Hersteller und Modell –natürlich unterschiedlich. Meist verbinden Sie jedoch die Kamera mit dem Computer, starten die Update- Software und führen es wie vom Programm gefordert durch. Meist wird jeder Schritt erklärt, so dass nichts schiefgehen kann. Teils wird das Update auch direkt in der Kamera durchgeführt. Dabei wird dann die Firmware auf eine Speicherkarte geladen und in das Speicherkartenfach eingeführt. Über das Menü wird die Aktualisierung gestartet. Praktisch: Meist sind entsprechende Anleitungen auf den Herstellerseiten verfügbar. Entweder als Download-PDF oder auf der Website. So bietet etwa Sony auf der Seite zum Firmware-Update der Alpha 7 III eine Schritt-für-Schritt-Anleitung.
Wir sprachen mit Christopher Brawley, Geschäftsführer von Fujifilm Electronic Imaging, über die Update-Politik im Haus.
Viele Fujifilm-X-Kameras erhalten in regelmäßigen Abständen Firmware-Updates. Teilweise mit erheblichen Verbesserungen. Wie kommt es zu dieser kundenfreundlichen Update-Politik?
In Japan gibt es den Begriff „Kaizen“. Dieser steht für die Idee eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Dieser Idee fühlen wir uns verpflichtet und bringen durch Firmware-Updates auch ältere Kameramodelle und Objektive auf einen aktuellen Stand.
Was verbessert sich beispielsweise durch die kostenlosen Updates?
Die Verbesserungen können unterschiedlich sein. Manchmal sind es kleine Veränderungen, manchmal können es aber auch umfangreichere Verbesserungen sein, wie z. B. ein neues Autofokussystem oder Erweiterungen der Videofunktionen.
Gab es in der jüngeren Vergangenheit ein „Update-Highlight“?
Ein spezielles Firmware-Update möchte ich hier gar nicht herausgreifen, sondern auf eine beeindruckende Zahl hinweisen. Seit der Einführung der X100, der ersten Kamera der X-Serie, im Jahr 2011 haben wir über 250 Firmware- Updates für unsere Kameras und Objektive veröffentlicht. Das ist für mich eine tolle Botschaft an unsere Kunden, dass wir auch ältere Produkte mit neuen Funktionen ausstatten, soweit dies die Hardware der Produkte zulässt.
Upgraden Sie Ihr Objektiv
Wird das Update der eigenen Kamera meist schon eher stiefmütterlich behandelt, ist eine neue Software für Objektive oft ein komplettes Novum. Dabei ist es naheliegend, da auch diese mit Hilfe eines Softwaresystems gesteuert werden. Entsprechend können die Hersteller kleine Fehler korrigieren oder den Funktionsumfang erweitern. Bei Letzterem geht es beispielsweise um neue Kompatibilitäten. Ein großes Thema, wenn es um die Nutzung von Objektiven von etwa Sigma oder Tamron an den spiegellosen Modellen wie der Canon EOS R oder der Nikon Z 7 und Z 6 geht. Hier werden durch neue Firmwares die Anschlussmöglichkeiten via Adapter erweitert – oder überhaupt erst möglich. Anders als bei der Kamera ist das Objektiv-Update aber nicht ohne Weiteres möglich. Für Sigma und Tamron benötigen Sie entsprechende, optional erhältliche Anschlusskonsolen –oder müssen sich an den Service der Hersteller wenden. Dort erfahren Sie dann auch, ob das Update für Sie kostenfrei durchgeführt werden kann.
Fazit
Der Update-Prozess für Ihre Kamera mag mühsam erscheinen und kostet Zeit – doch es lohnt sich. Denn die verbesserte Software wird Ihren Fotoalltag erleichtern und erweitert meist sogar den Funktionsumfang Ihrer Kamera. Auch ein Objektiv-Update kann lohnenswert sein. Informieren Sie sich auf den Internetseiten der Hersteller, welche Firmwares angeboten und welche Neuerungen diese mit sich bringen. So können Sie –gerade beim etwas umständlichen Objektiv-Update – entscheiden, ob sich der Aufwand wirklich lohnt.