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„Es sind meistens die Geschichten und Leute hinter den Maschinen, die mich so begeistern.“ – Bastian Priegnitz im Interview

Seine Bilder erinnern an Aufnahmen, wie wir sie so nur von der Kinoleinwand kennen. Dafür begibt sich der Berliner Fotograf Bastian Priegnitz selbst in schwindelerregende Höhen. Wie er seine spektakulären Eindrücke aus der Luft aufnimmt, verrät er uns im Interview.

Bastian Priegnitz im Interview: Flugzeug-Fotografie in höchster Qualität

Bastian Priegnitz hat sich schon immer für die Fliegerei interessiert. „Von klein auf war mein Blick stets nach oben gerichtet“, erzählt der Fotograf. Seine Leidenschaft ist die Flugzeugfotografie, insbesondere die Air-to-Air-Fotografie (dt. Luft-zu-Luft-Fotografie), bei der sich Priegnitz selbst in einem Flugzeug befindet, während er fotografiert.

Das unterscheidet seine Arbeit vom klassischen Planespotting, wo zumeist vom Boden aus fotografiert wird. Sein Fokus liegt auf dem Ablichten von Kampfflugzeugen, sogenannten „Warbirds“.

DigitalPHOTO: Herr Priegnitz, wie wird man Air-to-Air-Fotograf? Wie war Ihr Werdegang?

Bastian Priegnitz: Das begann, als ich 2014 das erste Mal eine Flugshow besuchte – die ILA 2014. Dort sah ich meine ersten Highlights wie Eurofighter, UH-1D und die Patrouille Suisse. Ein Jahr darauf, zu meinem Geburtstag, hatte ich sogar das Vergnügen, das erste Mal eine P-51D live zu sehen.

Ab da wusste ich: Warbirds sind genau mein Geschmack. 2020 fing ich dann an, mit einer Canon EOS 250D und einem Tamron 100–400 mm zu den ersten Flugshows zu gehen und selber Bilder zu knipsen. In den letzten vier Jahren konnte ich einige tolle Shows besuchen und auch mehrere Air-to-Air-Shootings umsetzen.

Was genau ist Air-to-Air-Fotografie und wie unterscheidet sie sich vom Planespotting?

Beide Bereiche haben ihre Überschneidungen, insbesondere, wenn es um die Soft Skills geht, die man dafür braucht – unter anderem natürlich die Geduld. Der größte Unterschied liegt aber eher in der Ausrüstung und der Kundschaft, die man bedient.

Die Air-to-Air-Fotografie macht man eher weniger als Hobby, insbesondere deswegen, da sie ohne bestehendes Netzwerk und Erfahrung sehr teuer sein kann. Meine ersten Flüge habe ich alle aus eigener Tasche bezahlt, um so überhaupt ein Portfolio aufbauen zu können. Quasi Lehrgeld. Planespotting hingegen macht man meist aus privatem Interesse.

Dort liegt die Faszination beispielsweise darin, einen Flieger mit einzigartiger Lackierung am Rande von Berlin zu fotografieren, um die Fotos dann mit Kollegen im Forum oder eben auf Social Media zu teilen. Das kann sich aber auch sehr lohnen, denn auf Instagram gibt es viele Talente, die wirklich tollentastische Aufnahmen machen.

Wie kommen Air-to-Air-Shootings zustande?

In der Regel gibt es zwei Wege: Entweder man wird von einem Magazin mit dem Shooting beauftragt oder wenn ich das Gefühl habe, dass ein Motiv spannend sein könnte, dann frage ich selbst an und rechne alles durch, ob es sich lohnen könnte.

Beides hat Vor- und Nachteile, beim Auftrag trage ich kein Eigenrisiko, während ich dafür bei eigenen Projekten mehr künstlerische Freiheit genieße. Ich verknüpfe meine Shootings zumeist mit Besuchen von Flugshows, so schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe.

Am Ende weiß man nie, ob eine Story verwendet wird oder nicht, allerdings ist jedes Projekt eine tolle Ergänzung im Portfolio und ich knüpfe auch immer wieder neue Kontakte. 

Wie planen Sie die Air-to-Air-Shootings?

Ein Air-to-Air muss immer akribisch geplant werden. Wetterlage und Pilotenprofil müssen gründlich geprüft sein. Ein Pilot ohne Formationserfahrung sollte alleine aus Sicherheitsgründen eher keine Fotoshootings fliegen, denn jede Minute kostet Geld.

Noch bevor alles Weitere stattfindet, muss ein Fotoship her. Also ein Flugzeug, aus dem man heraus fotografiert. Hier sind Flieger wie eine Bonanza oder eine Cessna 182T super geeignet. Sie sind schnell und viele von ihnen können die Seitentür entfernen, um so ein klares Blickfeld zu haben. Für deutlich schnellere Flieger eignet sich auch eine T-6 hervorragend.

Die Kanzel lässt sich zurückfahren und das zu fotografierende Flugzeug muss nicht auf niedriger Leistung fliegen und womöglich die Landeklappen nutzen, was wiederum das Bild etwas komisch wirken lässt. Ist man erstmal am Flugfeld eingetroffen, werden die Flugroute und -lage sowie die Motivwünsche besprochen.

Die Flugdauer sollte auch geklärt werden. Insbesondere bei Fliegern wie einer P-51D oder einer Spitfire, die pro Stunde mal eben 2000 Euro kosten können, ist jede Minute Gold wert.

Was gilt es in der Luft zu beachten?

Sicherheit steht immer an erster Stelle. Es muss stets beachtet werden, dass das Wetter zu dem Profil des Piloten passt. Auch die Kulisse sollte nicht wahllos getroffen werden. Eine klare Flugroute sowie gegenseitiges Vertrauen müssen also auch bestehen.

Wie setzt sich Ihre Ausrüstung zusammen?

Ich fotografiere mit der Canon EOS R5 und nutze bei Airshows neuerdings das Canon RF200–800mm und bei Air-to-Air-Shootings das Canon RF 70–200mm F4 L IS USM. Zudem habe ich immer einen Batteriegriff dabei und insgesamt vier Akkus samt Ladekabel.

Das Objektiv muss lichtstark und robust sein und sollte eine gute Brennweite haben. 70–200 mm sind für mich perfekt. Wie sich das RF200–800mm schlägt, muss ich noch herausfinden. Früher habe ich immer das Sigma 150–600mm Contemporary mit einem RF-Adapter genutzt.

Warum müssen die Objektive lichtstark sein?

Viele Shootings sind im Morgengrauen oder Sonnenuntergang. Um da ein klares Bild zu haben, muss das Objektiv einfach lichtstark sein und man sollte eine geringe Verschlusszeit sowie ISO 100 nutzen.

Eine Verschlusszeit von 1/60 s oder auch 1/80 s sorgt für die klassische „Prop Disc“, also wenn der Propeller des Fliegers eine komplette Scheibe bildet. Bei den Einstellungen ist es natürlich eine Kunst, das Bild so richtig scharf zu kriegen. Das ist Übungssache.

Worauf achten Sie beim Fotografieren?

Kein Magazin möchte ein Bild von einem schönen Flieger, wo der Propeller eingefroren ist und es aussieht, als würde der Flieger in der Luft stehen bleiben. Es gibt natürlich auch andere Standards, die wichtig sind.

Ein gerader Horizont und eine interessante Bildsprache sind hier nur zwei Punkte, auf die man achten sollte. Bei Kampfjets oder generell Flugzeugen ohne Propeller kann man eine höhere Verschlusszeit nutzen. Ich habe mir mein technisches Wissen selbst angeeignet und durch Kollegen vermittelt bekommen.

Was fasziniert Sie an Ihrer Arbeit?

Es sind meistens die Geschichten und Leute hinter den Maschinen, die mich so begeistern. Zeitgleich liebe ich die brachiale Kraft hinter diesen historischen Fliegern.

Aus nächster Nähe sehen die Flieger in der Luft einfach deutlich besser aus, als sie vom Boden aus zu fotografieren. Auch das Wissen, dass meine Bilder von vielleicht tausenden Menschen betrachtet werden, ist ein wirklich toller Gedanke. 

Beschränkt sich die Air-to-Air-Fotografie zumeist auf Kampfflugzeuge?

Nein, von Kampfjets über historische Flieger bis hin zu „GA-Aircraft“ (dt. Flugzeuge der allgemeinen Luftfahrt), wie der Cirrus und Cessna, ist alles dabei. Jede Maschine sieht meiner Meinung nach fantastisch aus! Es kommt immer darauf an, welche Geschichte man erzählen möchte.

Haben Sie Vorbilder für Ihre Arbeit?

Ja, das sind Bradley Wentzel aus den USA, Philipp Prinzing aus Deutschland und John Dibbs aus Großbritannien. Ich könnte von jedem dieser Fotografen 100 Beispielbilder zeigen. Davon könnte man alle Aufnahmen den drei Personen präzise zuordnen, so genau ist ihre Bildsprache, und das möchte ich auch erreichen. Ich versuche natürlich, meinen eigenen Stil zu erschaffen.

Wie würden Sie denn Ihren Stil beschreiben?

Ich denke, der setzt sich aus klaren Nahaufnahmen und bestimmten Bildkompositionen zusammen. Seit dem Shooting mit der Do-27 habe ich ein tolles Motiv entdeckt, welches ich jetzt versuche, immer einzubringen. Das ist ein Formationswechsel unter dem Fotoship, wodurch man klar ins Cockpit schauen kann und den Piloten sieht, aber auch genügend Raum herrscht, um Details am Flugzeug zu erkennen.

Mit wem arbeiten Sie häufig zusammen?

Grundsätzlich bin ich sehr dankbar, dass ich für das Fliegermagazin mit Philipp Müller und mit Piloten wie Wilhelm Heinz oder Michael Weber, der ein absoluter T-28- Profi ist, zusammenarbeiten darf.

Nicht unerwähnt dürfen natürlich auch Fotoship- Piloten wie Guido Voss bleiben, die mit ihrer Expertise schon einige Flüge durchgeführt haben. Ein großer Schritt für mich war das Fotoshooting mit Biltema. Die schwedische Firma besitzt eine P-51D und eine Spitfire MK XVI.

Ich durfte als erster Fotograf beide Maschinen in der Luft fotografieren. Dieser Auftrag hat mich besonders stolz gemacht und daraus resultierte ebenfalls eine gesunde Freundschaft mit den jeweiligen Piloten. Allesamt tolle Menschen, mit denen man gerne arbeitet.

Welche Flieger möchten Sie fotografieren?

Da gibt es schon noch einige Flieger, die ich gerne irgendwann mal fotografieren möchte. Hierzu würde ich insbesondere die Spitfires zählen, mit dem Griffon-Motor, die Hawker Sea Fury, aber auch Klassiker wie die Yak-3/9 und F8F Bearcat.

Ein weiterer Traum wäre auch, die F-4E Phantom hautnah zu erleben. Leider ist es dafür allerdings erstmal zu spät: Die Phantom wurde durch den einsitzigen Eurofighter abgelöst und nicht mehr eingesetzt.

Der Fotograf

Die Fotografie hat den gebürtigen Berliner Bastian Priegnitz schon immer begeistert. Da lag es nahe, seine zweite Leidenschaft, die Fliegerei, mit dem Fotografieren zu kombinieren. Mit dem Besuch seiner ersten Flugshow geschah genau dies.

Bastian fand daran so viel Freude, dass er die Bilder online teilte, und ging ein paar Jahre später auch auf Magazine zu. Daraufhin arbeitete er regelmäßig für das Fliegermagazin.

Instagram: @bastian_priegnitz

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