Nach jahrelangem Rechtsstreit wurde die Frage geklärt: Kann ein Affe das Recht am eigenen Bild haben? Lesen Sie hier, wie es zu dem Prozess kam.
Der britische Wildlifefotograf David Slater bekam 2008 die Fotochance seines Lebens, als er eine Gruppe der vom Aussterben bedrohten Schopfaffen im indonesischen Dschungel aufspürte: Ein Affe fand Interesse an seiner Kamera, die Slater auf einem Stativ aufgebaut hatte. Das Tier sah sein Spiegelbild im Objektiv, grinste, und betätigte in genau diesem Moment den Auslöser. Eine einzigartige Bildserie entstand - und brachte damit einen mehrjährigen Prozess ins Rollen. Doch wie kam es dazu?
Tierisches Urheberrecht oder Bilderklau?
Wieder zu Hause verkaufte Slater sein Affen-Selfie über eine Bildagentur und publizierte es in seinem Bildband "Wildlife Personalities". Als er ein Foto 2011 frei zugänglich auf Wikipedia entdeckte, sah er seine Existenzgrundlage bedroht. Slater beantragte die Löschung und berief sich auf sein Urheberrecht. Die Wikimedia Foundation, Betreiber der Online-Enzyklopädie, weigerte sich. Schließlich hätte der Affe auf den Auslöser gedrückt, nicht Slater. Völliger Unsinn, so der Wildlife-Fotograf, denn das Bild wäre weit mehr als ein Zufallsschnappschuss. "Es hat mich Fachwissen, Ausdauer, Schweiß und viel Mühe gekostet," sagte er in einem Interview mit der britischen Zeitung The Guardian. Allein, um das Vertrauen der Tiere zu gewinnen, war er den Affen drei Tage durch den Dschungel gefolgt.
Der Disput zwischen Slater und Wikipedia landete schließlich in Wikimedias "Transparency Report", wo alle Anfragen bezüglich Löschung und Veränderung von Beiträgen veröffentlicht werden. Dies löste im Netz heftige Diskussionen aus: Kann ein Tier wirklich das Urheberrecht an einem Selfie haben? Die Reaktion der amerikanischen Behörden folgte, recht unmissverständlich. In der ersten Revision ihrer Gesetzesordnung seit mehr als 20 Jahren hieß es Ende 2014: "Die Behörde wird keine Werke registrieren, die von der Natur, Tieren oder Pflanzen erstellt wurden."
Das inzwischen weltberühmte Selfie zeigt einen sogenannten Schopfaffen (Macaca Nigra). Die im Regenwald lebenden Tiere sind durch fortschreitende Abholzung ihres Lebensraumes und die Jagd nach ihrem Fleisch inzwischen stark gefährdet. Eine Organisation zur Erhaltung dieser Spezies nennt sich "Macaca Niga Project", das auch Spenden entgegenimmt.
Affen-Selfie kommt vor Gericht
Die Geschichte könnte hier also bereits zu Ende sein, wenn sich nicht die Tierschutzorganisation PETA eingeschaltet hätte. Sie verkündete 2015, dass dem Affen, den sie als ein Männchen namens "Naruto" identifizierten, grobes Unrecht geschehen sei. Gemeinsam mit Antje Engelhardt vom Deutschen Primatenzentrum reichten sie bei einem amerikanischen Bundesgericht Klage in Namen des Affens ein. Das Argument: Zwar erkennt die Urheberbehörde kein Copyright eines Tieres an, aber "verbietet es Tieren nicht, dieses Recht zu besitzen."
Gestern ging dieser Prozess nach zwei Jahren zu Ende und Slater muss sich endgültig geschlagen geben. Der Affe bekommt zwar immer noch kein Urheberrecht zugesprochen, der Fotograf jedoch auch nicht. Slater und PETA einigten sich darauf, dass der Wildlife-Fotograf 25% aller Einnahmen, die er durch das Bild generiert, an wohltätige Organisationen zum Schutz der Schopfaffen spendet. Die Selfies des Affens bleiben öffentliches Gedankengut und können weiterhin auf Wikipedia angesehen und auch heruntergeladen werden.
Der Fall ist also geklärt, doch Slaters Karriere wird sich wohl nicht mehr erholen. Der Prozess und die fehlenden Einnahmen durch das Bild haben ihn laut eigenen Angaben finanziell ruiniert. Ein Trost bleibt dem Wildlifefotografen, der sich mit seinen Fotos für den Schutz der Affen einsetzen wollte. Denn durch den Prozess bekam die zuvor eher ignorierte Affenart, die kurz vorm Aussterben stand, weltweite Aufmerksamkeit. Ironischerweise ist sich Slater außerdem ziemlich sicher, dass das falsche Tier ihn verklagt hat. "Ich weiß genau, auf dem Foto ist ein weiblicher, jüngerer Affe abgebildet," sagte er im Guardian-Interview.