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Auf einer Lost Place-Tour überschreite ich jedes Mal eine Linie, eine Grenze in eine mir unbekannte Welt.“ – Benjamin Seyfang im Interview

Für Benjamin Seyfang liegt der Reiz der Lost Place-Fotografie vor allem im Auffinden und Erkunden der verlassenen Orte sowie dem Überschreiten der Grenze ins Unbekannte. Im Interview erzählt der Urban Explorer und Fotograf von seiner Leidenschaft für Lost Places.

Benjamin Seyfang im Interview

Tauchen Sie gemeinsam mit Benjamin Seyfang in die Welt unbekannter Lost Places ein. Der Urban Explorer und Fotograf verrät, wie er bei der Recherche vorgeht, welche Ausrüstung er dabei hat und was es vor Ort zu beachten gibt.

Buchtipp

In dem Buch „Lost Places – Schwäbische Alb“ nimmt Sie Benjamin Seyfang mit auf Erkundungstour durch das Mittelgebirge in Baden-Württemberg und Kleinteile der Schweiz. Von verlassenen Bauernhöfen über alte Skilifte bis hin zu Gewächshäusern, die von der Natur zurückerobert wurden, präsentiert der Urban Explorer und Fotograf spannende Lost Place- Motive mit ihren Geschichten.

Silberburg Verlag | ab 29,99 € | 168 Seiten | Hardcover | ISBN: 978-3-8425-2364-7

Direkt zum Buch

DigitalPHOTO: Herr Seyfang, wie sind Sie zur Lost Place-Fotografie gekommen?

Benjamin Seyfang: Durch mein Hobby Graffiti war ich immer wieder auf der Suche nach Orten, die ich legal besprühen darf, um keinen Ärger zu bekommen. So bin ich auf Abrissgebäude wie zum Beispiel alte Hotels oder Altenheime gekommen, an deren Wänden ich offiziell meine Werke verewigen durfte, da diese sowieso irgendwann abgerissen werden würden.

Vor Ort hat es mich überrascht, was in diesen Gebäuden so alles zurückgelassen wurde: von altem Wein im Keller bis hin zu komplett ausgestatteten Krankenbetten. Fasziniert davon, machte ich nicht nur Bilder von meinen Graffiti-Werken, sondern auch von den Orten selbst.

Der kindliche Antrieb, Neues zu entdecken und zu erforschen, ist in mir immer schon präsent gewesen. So habe ich mich mehr und mehr mit den alten Gebäuden beschäftigt und die Schönheit des Zerfalls kennen und lieben gelernt.

Das Entdecken von Unbekanntem ist für Sie also ein wichtiger Teil der Lost Place-Fotografie. Trägt Ihre Website deshalb auch den Titel „Cross the line Fotografie“?

Den Namen habe ich von amerikanischen Kriminalfilmen und -serien abgeleitet, in denen oft ein Flatterband mit der Aufschrift „Do not cross“ gespannt wird. Auf einer Lost Place-Tour überschreite ich jedes mal eine Linie, eine Grenze in eine mir unbekannte Welt.

Man hat die Möglichkeit, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und Bereiche zu erkunden, die man sonst nicht betreten dürfte, wie zum Beispiel einen OP-Saal. Und bewegt man sich zum Beispiel in einer alten Bunkeranlage, ist das für mich wie „Geschichte zum Anfassen“.

Kann ich meine Erlebnisse dann auch noch in einer Fotografie festhalten, ist das für mich wie die Kirsche auf der Sahnetorte. Denn für mich erzählt jedes Bild eines Lost Place noch mal seine ganz eigene Geschichte.

Verraten Sie uns, wie Sie bei der Suche nach neuen Lost Place-Locations vorgehen?

Habe ich eine bestimmte Region im Kopf, suche ich im Internet nach Zeitungsartikeln zu Lost Places und Bildern von anderen. Letztere betrachte ich mit detektivischer Kleinarbeit, um Hinweise zu den Orten zu finden und den Standort zu lokalisieren. Ich nutze auch sehr gerne die Satellitenansicht von Google Maps und fliege virtuell Städte und Dörfer ab.

Dabei halte ich Ausschau nach kaputten Dächern oder Gebäuden, die mit Pflanzen zugewachsen sind, und markiere mir diese. Auch alte Bahnstrecken bieten immer wieder einen guten Anhaltspunkt. Um mich beispielsweise über Luftschutzanlagen zu informieren, besuche ich auch manchmal Stadtarchive.

Aber auch durch ein achtsames Auge im Alltag findet man oftmals ganz durch Zufall spannende Lost Places. Für den Einstieg hilft außerdem Geocaching – quasi eine Schnitzeljagd mit GPS.

Gilt es, beim Betreten verlassener – und teils baufälliger – Orte etwas zu beachten?

Wichtig zu wissen ist, dass das Betreten eines Gebäudes ohne Genehmigung Hausfriedensbruch ist. Hier kann es in Deutschland zu Anzeigen kommen. Zudem macht es Sinn, immer jemanden darüber zu informieren, wo man gerade unterwegs ist, der im Notfall Hilfe schicken kann.

In unterirdischen Anlagen oder tiefen Kellern kann es auch zu Ansammlungen von Gas kommen, die man nicht riecht und schmeckt. An Orten wie diesen empfiehlt es sich deshalb, ein Gasmessgerät dabei zu haben. Diese sind zwar nicht günstig, aber können Leben retten. Grundsätzlich gilt: Kein Foto ist es wert, das eigene Leben zu riskieren.

Sieht der Boden nicht mehr gut aus oder gibt schon nach, sollten Sie sich auf Ihr Bauchgefühl verlassen und lieber umkehren. Viele Orte sind durch eindringende Feuchtigkeit schon sehr zerstört, auch wenn man es ihnen nicht direkt ansieht.

Welche Ausrüstung haben Sie auf Erkundungstouren ins Ungewisse immer mit dabei?

Wichtig für Ausflüge an verlassene Orte sind vor allem die richtigen Klamotten: Flip-Flops und kurze Hosen sind dabei fehl am Platz. Festes Schuhwerk, mindestens eine Taschenlampe – besser sind mehr als Ersatz – und ein kleines Erste-Hilfe-Set gehören zu meiner Standardausrüstung.

Hinzukommt meine Kamera, die Canon EOS R, das Sigma 14–24mm F2.8 DG DN | Art, das Canon EF 24–70mm f/2.8L II USM und meine DJI Mavic 3 Classic. Zudem darf mein Stativ, das Vanguard Alta Pro 2 263AGH, nicht fehlen – das Vorgängermodell hat mich acht Jahre an viele unbekannte Orte begleitet.

Was ist besonders knifflig an diesem Genre?

Oft weiß man nicht genau, was einen erwartet oder wie der Zugang zu dem Ort ist und welche Ausrüstung man entsprechend braucht. Zudem sind viele Innenräume sehr dunkel.

Das macht nicht nur das Besichtigen, sondern auch Fotografieren vor Ort schwieriger. Hier ist es natürlich wichtig, die richtige Beleuchtung dabei zu haben oder mit dieser noch einmal wiederzukommen. Zudem spielt oft auch die Tages- oder Jahreszeit eine Rolle: Orte verändern sich.

Darum besuche ich eine Location meist mehrfach. Oftmals knifflig ist außerdem, die Geschichte hinter einem Ort zu recherchieren, was für mich sehr wichtig ist. Oft spreche ich mit den Menschen in der Nachbarschaft oder durchforste Archive.

Für neue Lost Place-Motive reisen Sie um die ganze Welt: Wo waren Sie noch nicht und würden gerne mal auf Erkundungstour gehen?

Stimmt. Jeder meiner Urlaube wird nicht nur zur Entspannung, sondern auch für ein neues Abenteuer genutzt. Sehr gerne würde ich die verlassenen Städte in Namibia besichtigen und fotografieren.

Der Fotograf

Durch sein Hobby Graffiti verschönerte Benjamin Seyfang (*1988) schon so einige Abrissgebäude. Mit der Zeit sah er in den Gebäuden jedoch mehr als eine Leinwand für seine Werke, entdeckte die Schönheit des Zerfalls dieser Orte und begann sie in Fotografien festzuhalten.

Seit 2012 reist er so oft wie möglich rund um den Globus – immer auf der Suche nach verlassenen und vergessenen Orten, die der Urban Explorer und Fotograf erkunden und für die Ewigkeit einfangen kann.

www.crossthelinefotografie.de | Instagram: @crossthelinefotografie

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