Es ist der Zweikampf, auf den alle gewartet haben: Mit der EOS R3 und der Z 9 messen sich die beiden Erzrivalen Canon und Nikon anhand ihrer spiegellosen Topmodelle. Wir haben beide Kameras beim Motocross, Basketball und Fußball getestet und schildern Ihnen hier unsere Eindrücke.
Nikon Z 9 vs. Canon EOS R3 im Praxistest
Rückblick auf den Jahresanfang 2020: Sowohl Canon als auch Nikon stellen mit der EOS-1D X Mark III bzw. der D6 zwei neue Topmodelle aus dem DSLR-Bereich vor. Warum sich die Hersteller für eine Kamera mit Spiegelschlag entschieden haben, wird damit begründet, dass die Signalverarbeitung für den Sport- und Action-Bereich noch nicht schnell genug sei.
Nun, zwei Jahre später, gibt es mit der EOS R3 und der Z 9 zwei spiegellose Topmodelle, die vor Hochgeschwindigkeit nur so strotzen – und darüber hinaus einige Vorteile gegenüber ihren DSLR-Schwestermodellen mitbringen. Doch dazu später mehr.
Zur Canon EOS R3 bei Foto Erhard
Widmen wir uns erst einmal dem Preisaspekt. Beide Kameras sind auf den Euro genau gleich bepreist und gehen für 5.999 Euro über die Ladentheke. Eine weitere Gemeinsamkeit ist das Gehäusedesign, das einen integrierten Hochformatgriff enthält. Und obwohl sich deswegen beide Kameras auf den ersten Blick ähnlich sehen, zeigt ein Blick ins Innere der beiden CSC-Boliden große Unterschiede.
Verschiedene Auflösungen
Einer der größten Unterschiede zeigt sich beim Vergleich der beiden Bildsensoren in Kleinbildgröße: Obwohl sowohl Canon als auch Nikon auf einen mehrschichtigen, rückwärtig belichteten CMOS-Sensor setzen, ist die Auflösung der Nikon Z 9 fast doppelt so hoch wie die der Canon EOS R3 (45,7 vs. 24,1 MP). Beide Sensoren sind auf fünf Achsen stabilisiert. Mit bildstabilisierten Objektiven kann die Kompensation zusätzlich erhöht werden.
Der native Lichtempfindlichkeitsbereich reicht bei der EOS R3 mit ISO 102.400 sehr viel höher als bei der Z 9 (ISO 25.600). In unseren Praxistests überzeugte die Bildqualität beider Kameras mit erstklassiger Schärfe – auch bei höherer ISO-Einstellung. Da wir für den Praxistest bislang nur Vorserienmodelle zur Verfügung hatten, können wir noch keine abschließende Aussage über die Bildqualität der Serienmodelle treffen. Die Testergebnisse aus dem Labor inkl. Angaben zum Dynamikumfang und Rauschverhalten liefern wir nach.
Meisterliche AF-Leistung
Werfen wir nun einen Blick auf die Ausstattung. Als Hochgeschwindigkeitsmodelle sind die R3 und Z 9 für schnelle Bilder in Serie konzipiert. Eine Besonderheit der Nikon zeigt sich in diesem Zusammenhang in puncto Verschluss: Die Z 9 verzichtet auf einen mechanischen Verschluss und wird lediglich elektronisch ausgelöst. Rolling-Shutter-Effekte sind so passé.
Die EOS R3 besitzt sowohl einen mechanischen als auch einen elektronischen Verschluss. Der Arbeitsbereich des Dual Pixel CMOS AF II der Canon ist mit -7,5 bis +20 LW deutlich größer als der, der Nikon Z 9 (-3 bis +17 LW). Beide Kameras erfassen und verfolgen automatisch Menschen, Tiere (inklusive Vögel) und Fahrzeuge. Im Praxistest machten beide Kameras einen hervorragenden Job.
Die Nikon Z 9 musste ihre Qualitäten bei einem Test an der Motocrossstrecke des MSC Grevenbroich e. V. unter Beweis stellen (siehe oben). Bei der Dokumentation eines Basketball- und Fußballspiels haben wir (vergeblich) versucht, die Canon EOS R3 ins Schwitzen zu bringen (siehe unten).
Beide Kameras brillierten mit extrem rasanter AF-Nachführung. Gleichzeitig schaffen es beide beim Fotografieren in Serie, die Belichtungsmessung anzupassen. Kurzum: eine großartige Leistung von beiden Kontrahenten, die professionelle Sport- und Actionfotos noch einfacher ermöglichen.
Eine Besonderheit der EOS R3 ist die Funktion, den Autofokus mit dem Blick durch den Sucher zu steuern. Dafür muss die Kamera auf das Auge des Fotografierenden kalibriert werden, damit sie automatisch das AF-Messfeld an den Blick durch den Sucher anpasst. Ich konnte die Funktion leider nicht testen, da meine Brille nicht entspiegelt ist.
Die Nikon bietet eine solche Funktion nicht. Während beim Test der AF-Geschwindigkeit in der Praxis kein spürbarer Unterschied zwischen Canon und Nikon erkennbar war, unterscheiden sich die beiden Spiegellosen in der Serienbildgeschwindigkeit: Die deutlich weniger hochauflösende EOS R3 bringt Vorteile im RAW-Format mit.
Hier arbeitet der elektronische Verschluss bis zu 30-mal pro Sekunde. Wer mit der Z 9 Serienbilder im RAW-Format aufnehmen möchte, kann auf bis zu 20 Bilder pro Sekunde zurückgreifen. 30 Bilder/s sind hier ausschließlich im JPEG-Modus möglich.
Eine Besonderheit der Nikon ist ein weiterer JPEG-Serienbildmodus: Bei elf Megapixel großen JPEGs nimmt die Kamera bis zu 120 Bilder pro Sekunde auf. In puncto Datensicherung setzen beide Hersteller bei ihren derzeitigen Topmodellen auf duale Speicherkarteneingänge mit CFexpress-Kompatbilität.
Bei der Nikon können beide Eingänge entweder mit einer CFexpress- oder einer XQD-Karte gefüllt werden. Die EOS R3 besitzt einen SD- und einen CFexpress-Karteneingang. Somit sind beide Kameras für eine extrem schnelle Datenverarbeitung ausgestattet.
► Die Rückseite der EOS R3 (oben links): Die Bedienoberfläche bietet Einstellungselemente, die EOS-Fans bereits von anderen Kameras kennen. Das sorgt beim Kamerawechsel für ein vertrautes Arbeiten. Der elektronische Sucher ist hochauflösend und bietet eine Blackout-freie Sicht auf das Fotomotiv.
► Die Rückseite der Z 9 (oben rechts): Ähnlich wie Canon bei der EOS R3 setzt auch Nikon bei der Z 9 auf bereits bekannte Bedienelemente. Der 3,2 Zoll große Touch-Monitor lässt sich vertikal und horizontal neigen. Zudem bietet der elektronische Sucher eine tolle Übersicht. Mängel an fehlenden Bedienelementen gibt es nicht.
Intuitive Bedienung
Im Praxistest überzeugten beide mit einer hervorragenden Handhabung. Sowohl die Canon EOS R3 als auch die Nikon Z 9 sind mit einem Schulterdisplay und einem Hochformatgriff ausgestattet, in der sich der Akku befindet. Dieser lässt sich bei beiden Kameras via USB-C-Anschluss unterwegs aufladen.
Des Weiteren befinden sich an der jeweils linken Gehäuseseite Anschlüsse für Mikrofon, Kopfhörer, Ethernet und Co. Ein HDMI-Typ-A-Eingang ist lediglich bei der Nikon Z 9 vorhanden. Canon setzt bei der EOS R3 auf einen Mini-HDMI (Typ D).
Auf der Rückseite bestechen beide Kameras mit einem hochauflösenden Duo: Sowohl der elektronische Sucher als auch der bewegliche Monitor hinterlassen einen erstklassigen Eindruck. Mit Blick auf das Datenblatt hat die Canon im Vergleich mit der Nikon aber die Nase vorn. Sucher und Monitor sind noch höher aufgelöst.
Ein weiterer Vorteil der EOS ist die Beweglichkeit des Touch-Monitors: Während sich das 3,2 Zoll große Display der Nikon lediglich vertikal und horizontal neigen lässt, ist das Display der Canon vollumfänglich drehund schwenkbar. Das bringt auch Vorteile im hektischen Reportagealltag mit, da der Monitor unterwegs zugeklappt und damit geschützt transportiert werden kann.
Vorteile der beiden Profi-Systemkameras gegenüber dem Konkurrenten
Canon EOS R3 (oben links):
- Schnellere Serienbildfolge im RAW-Format: 30 B/s.
- Mit Blick durch den Sucher gesteuerter Autofokus
- Höherer nativer ISO-Bereich (102.400 vs. 25.600)
- Mehr Auflösung bei OLED-Sucher und Touchmonitor
- Leichteres und kompakteres Gehäuse mit Hochformatgriff
Nikon Z 9 (oben rechts):
- Schnellere Serienbildfolge in 11MP-JPEG: 120 B/s
- Nahezu doppelt so hohe Auflösung (45,7 vs. 24,1 MP)
- Höhere Suchervergrößerung (0,8x vs. 0,76x)
- Hohere Videoauflösung (8K/30p vs. 6K/60p)
- HDMI-Anschluss in Typ A statt in Typ D
Noch ein Wort zum Thema Video: Natürlich bietet sowohl die EOS R3 als auch die Z 9 hochauflösendes Video an. Bei der EOS liegt das Maximum bei 6K RAW mit bis zu 60p, während die Nikon dank höherer Sensorauflösung 8K-Videos mit 30p ermöglicht. Über ein Firmware-Update soll sogar 8K RAW mit 60p möglich sein.
Welche Profi-CSC gewinnt das Duell? Canon EOS R3 oder Nikon Z 9?
Die Entscheidung, welche der beiden Kameras nun die bessere ist, wird erst unser standardisiertes Testverfahren hervorbringen. Eine Tendenz, welche Kamera sich für welche Zielgruppe besser eignet, lässt sich jedoch bereits auf dem jetzigen Kenntnisstand festlegen: Die EOS R3 ist die bessere Wahl für alle Vollprofis, denen eine möglichst schnelle Serienbildfolge im RAW-Format wichtiger ist als ein möglichst hochauflösender Vollformatsensor.
Im Umkehrschluss sind alle Profis, die eine perfekte Symbiose aus hoher Auflösung, schnellem Serienbild und rasanter Autofokusgeschwindigkeit suchen, mit der Nikon Z 9 besser bedient.
Toll bei beiden Herstellern: Das Angebot nativer RF- bzw. Z-Objektive wächst stetig an und beinhaltet mittlerweile sogar lange Telebrennweiten. Das schafft Vertrauen ins System. Letztlich ist es auch eine Frage der persönlichen Präferenz, die Einfluss auf die Wahl der Kamera nimmt. Beide Kameras sind hervorragend in das jeweilige Portfolio eingegliedert und ergänzen die anderen spiegellosen Vollformatmodelle sinnvoll.
Sobald die Labortestergebnisse beider Modelle verfügbar sind, werden wir neben dem internen Duell zwischen Nikon und Canon auch Kameras wie die Alpha 1 als Topmodell von Sony zum Vergleich heranziehen. Dann wird sich zeigen, welcher Hersteller das beste Rundum-Sorglos-Paket für ambitionierte Vollprofis anbietet.
DigitalPHOTO-Fazit
Mit der EOS R3 und der Z 9 haben Canon und Nikon deutlich gemacht, dass es keiner Neuheiten aus dem DSLR-Segment mehr bedarf. Beim Praxistest der beiden Topmodelle wurde schnell klar: Diese Kameras stehen aktuellen DSLR-Flaggschiffen in keiner Weise nach.
Zur Canon EOS R3 bei Foto Erhard
Sowohl Canon als auch Nikon haben es mit den beiden Kameras geschafft, ein Angebot für Vollprofis aus den Bereichen Sport, Reportage und Presse aufzustellen. Dank der rasanten Serienbildgeschwindigkeit, einer topmodernen Ausstattung und eines stetig wachsenden Objektivportfolios dürfen sich alle Interessierten auf Kameratechnik der Extraklasse freuen. Unser Labortest wird verraten, welche der beiden Kameras unterm Strich besser ist.
Zu beiden Kameraneuheiten finden Sie außerdem Videos auf unserem YouTube-Kanal.