Eine kompakte Mittelformatkamera? Hört sich wie ein Paradoxon an, ist aber keines. Die neue Fujifilm GFX50S II macht die Zeit der klobigen und schweren Mittelformatkameras vergessen.
Es ist noch gar nicht allzu lange her, als das Thema „Mittelformat“ ausschließlich hochdotierten Werbefotograf*innen vorbehalten war – schließlich wurde (und wird) hier nur die bestmögliche Bildqualität und -auflösung erwartet. Wer sich Mittelformat leisten konnte, hatte die Auftragsbücher in der Regel entsprechend voll. Die schweren und klobigen Kameras standen vornehmlich im Studio, gut geschützt vor Wind und Wetter.
Fujifilm GFX50S II: kompakt und preiswert
Doch zum Glück ändern sich auch auf dem Fotomarkt die Zeiten, denn mit der zweiten Generation seiner GFX Serie, macht Fujifilm das Mittelformat auf einen Schlag für die breite Masse interessant, weil erschwinglich.
Aber der Reihe nach: Als Fujifilm 2016 auf der Photokina die GFX 50S vorstellte, staunte die Fotowelt nicht schlecht. Dank Spiegelverzicht wurde eine überraschend kompakte Mittelformatkamera präsentiert, die sich anschickte, den Platzhirschen um Hasselblad und Co. Konkurrenz zu machen.
Nur der Einstiegspreis von damals 6.999 Euro war, wenn auch günstiger als bei der Konkurrenz, noch immer üppig. Jetzt, fünf Jahre nach der Ersteinführung der GFX Serie, stellt Fujifilm die zweite Generation vor – und die kommt mit einem echten Kampfpreis auf den Markt. Mit dem Gehäusepreis der GFX50S II von 3.999 Euro ist das Thema Mittelformat plötzlich nicht mehr nur Profis vorbehalten, sondern mit einem Schlag auch für ambitionierte Hobbyisten interessant.
Ein Bildsensor in Übergröße gepaart mit 51,4 Megapixeln Auflösung und integrierter Bildstabilisierung für unter 4.000 Euro. Die Fujifilm GFX50S II macht das Mittelformat erschwinglich. Mit einem Gewicht von etwa 900 Gramm und einer robusten Magnesiumverarbeitung eignet sich die Kamera hervorragend für unterwegs.
Das 3,2 Zoll große Display ist sowohl vertikal als auch horizontal kippbar und mit einer Touchfunktion ausgestattet. Mit einer Auflösung von 3,69 Millionen Pixeln und 100-prozentiger Bildfeldabdeckung bietet der elektronische Sucher einen guten Überblick. Eine praktische Kontrolle über die Einstellungen bietet das Schulterdisplay als übersichtlicher Schwarzweißmonitor.
Porträtfotos „On Location“
Die Vorteile des übergroßen Sensors (43,8 mm × 32,9 mm, Anm. der Red.) mit seiner Auflösung von 51,4 Megapixel liegen auf der Hand: Feinste Details lassen sich damit darstellen – und zwar nicht nur auf dem hochaufgelösten, zweifach kippbaren Display der Kamera, sondern natürlich auch auf dem PC-Monitor und schließlich verlustfrei als Großformatdruck.
Essenzielle Parameter für die bereits erwähnte Werbe- oder Modefotografie – Genres, die in der Regel im ebenfalls angesprochenen Studio stattfinden. „Die GFX Serie holt das Mittelformat aus dem Studio und bringt es ‚On Location‘“, sagt der niederländische Fotograf Ferry Knijn, der die GFX50S II in der Praxis testen konnte. Dazu ist er nach Terschelling gefahren, einer kleinen westfriesischen Insel.
„Ich wollte die Kamera draußen testen, Porträts von den Einwohnern erstellen“, so der Fotograf, der seit Jahren mit Mittelformatkameras vertraut ist und die Vorzüge der GFX Serie schätzt. „Ich kann es gar nicht genau in Worte fassen, aber ich habe die einzigartige Ästhetik des Mittelformats schon immer dem Vollformat vorgezogen“, so Knijn. „Da der Sensor beim Mittelformat größer ist, sind auch die Pixel größer und bieten mehr Platz, um das Licht einzufangen“.
Das Resultat sind ein extrem großer Dynamikumfang und Bilder, die selbst bei sehr hohen ISO-Werten praktisch kein Rauschen aufweisen. Eine Augenweide ist im Übrigen auch der elektronische Sucher der GFX50S II. „Für mich wirklich ein wichtiges Element der Kamera“, so Knijn. „Durch den Sucher kann ich meine Bilder immer genauestens beurteilen. Sie werden so dargestellt, wie sie letztlich auch aufgenommen werden.“
In diesem Zusammenhang spricht Knijn auch die für Fujifilm typischen Filmsimulationen an, die sich an klassischen Analogfilmen orientieren und voreingestellt sind. „Mit den Simulationen erreiche ich bereits 85 bis 90 Prozent des Bildlooks, wie ich ihn mir vorstelle. Das spart mir wertvolle Zeit in der Bildbearbeitung“.
Mittelformat „to go“
Es ist aber vor allem das kompakte Format, das diese Kamera so faszinierend macht. Mit der GFX50S II lässt sich rausgehen. Sie fühlt sich an wie eine spiegellose Vollformatkamera – und verhält sich auch so. Für Knijn, der seine Porträts gerne vor Ort aufnimmt, ein unverzichtbares Plus. „Ich kann die Kamera an jede Location mitnehmen und muss mir dank wettergeschütztem Gehäuse keine Gedanken machen, ob sie Regen und Wind standhält – und glauben Sie mir, von beidem hatte ich reichlich bei meinem Test“, lacht Knijn.
Tatsächlich herrschten raue Bedingungen auf Terschelling. „Ich stand für die Aufnahmen mit der Kamera mitten in der Nordsee, fotografierte auf einem wackeligen Fischkutter oder am feinen Sandstrand – nichts konnte der Kamera etwas anhaben.“ Die Ergebnisse, die Knijn damit erzielte, sprechen für sich.
Ferry Knijn begann seine Karriere in der Musikindustrie. Als er gefragt wurde, Bandporträts zu erstellen, sprang bei ihm der Funke über und er konzentrierte sich fortan auf die Fotografie. Der Niederländer arbeitet seitdem hauptberuflich als Fotograf, vornehmlich in der Porträt- und Reportagefotografie. Zu seinen Kunden zählen NGOs, aber auch Zeitschriften und TV-Sender. Knijn bietet Foto-Workshops an und bespricht Fotothemen auf seinem Youtube-Kanal. Er ist außerdem FUJIFILM X-Photographer.