Enthält Affiliate-Links [Was ist das?]
Test

Leica M11 im Test: ein (teurer) Traum von Kamera

Leica spaltet mit Kameras wie der neuen M11 die Gemüter. Was ist dran am magischen M-Moment? Unser Technikredakteur Tim Herpers hat die Neuheit unterwegs auf Reisen für Sie getestet und sich ein ganz persönliches Bild von der Kamera machen können.

Leica M11 im Test: Messsuchertechnik im Einsatz

Pro & Kontra

+ Sehr gute Bildqualität (insb. bei Low-ISO)
+ Die M11 vermittelt pure Freude am Foto
+ Sehr hochwertige Verarbeitung
+ Kompaktes, leichtes Gehäuse, aber …
- … ohne zertifizierten Wetterschutz
- Ohne Bildstabilsator
- Ohne Videofunktion
- Sehr teuer

Die M-Kameras von Leica faszinieren und polarisieren Fotofans seit geraumer Zeit. Allein die Messsuchertechnik mit manuell zu fokussierenden Objektiven unterscheidet die spiegellosen Systemkameras mit Vollformatsensor maßgeblich vom heutigen Standard.

Hinzu kommt der saftige Preis für den Kamerabody: 8.350 Euro sind ohne Objektiv für die neue Leica M11 fällig. Ein Labortest im Rahmen unseres standardisierten Verfahrens sowie ein resultierender Vergleich mit anderen Kameras würde der Leica aufgrund des Messsucherkonzepts nicht gerecht werden.

Stattdessen habe ich das System in der Praxis, unterwegs in Barcelona, im Einzeltest auf die Probe gestellt. Zusammen mit dem APO-Summicron 35mm F2 ASPH (7.300 Euro) habe ich während meines Aufenthalts von Landschaften über Architektur bis hin zu Porträts verschiedenste Motive aufgenommen, um herauszufinden, was am M-System wirklich so faszinierend sein soll.

Denn zugegeben: Genau diese Magie konnte ich bislang nicht nachvollziehen. Ich habe mich stets gefragt: Warum soll ich zu solch einer teuren Kamera greifen, die ohne Autofokus, ohne Bildstabilisator und ohne Videofunktion auskommt?

Moderne Technik

Die Leica M11 ergänzt die Reihe der M-Kameras um eine ausstattungsreiche, spiegellose Vollformatkamera im typischen Messsucherdesign. So besitzt die 455 Gramm leichte M11 bekannte Bedienelemente. Im Vergleich zu den Vorgängermodellen hat sich aber einiges geändert – vor allem im Inneren der Kamera.

Die Leica zeichnet die Fotos mit einem rückwärtig belichteten Vollformatsensor auf, der wahlweise 60, 36 oder 18 Megapixel auflöst. Die Auflösung lässt sich auch fürs RAW-Format mithilfe des Maestro-III-Bildprozessors individuell anpassen. In allen drei Auflösungen wird die gesamte Sensorfläche genutzt.

Der Lichtempfindlichkeitsbereich reicht bis maximal ISO 50.000. Einen integrierten Bildstabilisator bietet übrigens keine M-Kamera. Daran ändert also auch die M11 nichts. Ebenso steht es um eine fehlende Videofunktion. Serienbilder sind mit bis zu 4,5 Aufnahmen pro Sekunde drin. Die Bedienung erfolgt über Einstellräder auf der Oberseite sowie über Tasten und einen berührungsempfindlichen 2,95-Zoll-Monitor auf der Rückseite. Dieser ist starr im Gehäuse verbaut.

Eine Bodenplatte gibt es anders als bei bisherigen M-Kameras nicht. Die SD-Karte findet im Akkufach Platz, sprich: Sie müssen den Akku entnehmen, um auf die Speicherkarte zugreifen zu können. Darüber hinaus bietet die neue M11 einen internen Speicher von 64 GB – nützliches Ausstattungsmerkmal, von dem sich andere Hersteller gern inspirieren lassen dürfen. Einen IP-zertifizierten Wetterschutz bietet die robuste Leica M11 indes nicht.

Leica M11 im Detail

  • 1 | Messsucher: Es bedarf etwas Übung, ist dann allerdings ein großer Spaß: das Fotografieren mit dem Messsucher der Leica M11.
  • 2 | Touchdisplay: Der rückseitige Monitor ist zwar starr im Gehäuse der spiegellosen Systemkamera verbaut, bietet aber viel Übersicht.
  • 3 | Steuerkreuz: Die Bedienoberfläche kommt ohne Besonderheiten aus. Die Bedienelemente gab es bereits beim Vorgängermodell M10.
  • 4 | ISO-Einstellungen: Die Einstellung der Lichtempfindlichkeit zwischen ISO 64 und 50.000 erfolgt entweder im Kameramenü oder über das obere Einstellrad.
  • 5 | Belichtungszeit: Ähnlich wie den ISO-Wert können Sie die Belichtungszeit auch über ein oberseitiges Einstellungsrad steuern.
  • 6 | Kompaktes Gehäuse: Mit einer Tiefe von nur 3,8 cm und einem Gewicht von 455 Gramm ist die neue Leica M11 sehr kompakt und leicht.

Das Leica-System

Die Kamera ist klar auf das Einzelfoto ausgelegt – und begeisterte mich immer mehr, je länger ich mit ihr gearbeitet habe. Zunächst musste ich mich aber erst umstellen. Moderne Systemkameras erleichtern dank immer besser werdendem Autofokus das Scharfstellen. Bei der M11 müssen Sie den Fokus manuell treffen.

Das funktioniert mit Blick durch den Messsucher, der mit einem Leuchtrahmen den Bildwinkel des montierten Objektivs angibt, als auch mit Blick auf den Monitor, der dank Fokus-Peaking intuitiv anzeigt, was sich gerade im Schärfebereich befindet. Es bedarf jedoch einiger Übungszeit, um sich an die Technik zu gewöhnen. Doch dann steigt der Spaß am Kamerasystem zusehends und die Erfolgsquote beim Fokussieren gleichermaßen.

Preis vs. Leistung

Auch wenn der Sensor mit genialer Auflösung und Detailwiedergabe überzeugt, steht der Funktions- und Ausstattungsumfang der Leica M11 in keinem Verhältnis zum Preis. Für das Kit aus Kamera und Objektiv, mit dem ich in Barcelona fotografiert habe, sind 15.650 Euro fällig. So bleibt die Kamera letztlich die Wahl für überzeugte Leica-Liebhaber.

Leica M11 Altnerative: Leica M10-R

Mit der vor zwei Jahren vorgestellten Leica M10-R haben Sie die Möglichkeit bei Interesse am Messsucherdesign auf einen etwas „günstigeren“ Einstieg: Das 40-Megapixel-Schwestermodell kostet im Fachhandel rund 1.000 Euro weniger.

DigitalPHOTO-Fazit

Die Frage nach der Faszination von M-Kameras lässt sich erst durch das Fotografieren selbst klären. Je länger ich mit der M11 gearbeitet habe, umso größer wurde meine Begeisterung für das System. Dabei steht die Messsuchertechnik im krassen Gegensatz zum heutigen Autofokusstandard. Vielleicht überzeugt die Kamera genau deshalb: Hier steht die Entschleunigung im Vorderung, die bewusste Reduzierung auf das Wesen der Fotografie.

Lesetipp

Die besten kompakten Vollformat-CSCs 2022 im Test (spiegellose Systemkameras ab 990 Euro)

Ein großer Vorteil der spiegellosen Kameratechnik ist, dass sie deutlich kompaktere Gehäuse ermöglicht. Selbst im Vollformatsegment gibt es... mehr

Mehr zum Thema