Ein Bildsensor in Übergröße gepaart mit 51,4 Megapixeln Auflösung und integrierter Bildstabilisierung für unter 4.000 Euro. Was vor wenigen Jahren noch gänzlich utopisch klang, ist nun Wirklichkeit geworden. Die neue Fujifilm GFX 50S II ist da und bringt genau dieses Paket im kompakten Systemkameragehäuse mit. In unserem Test erfahren Sie, ob sich der Kauf lohnt und ob Sie mit einer gewöhnlichen Vollformatkamera nicht besser bedient sind.
Fujifilm GFX 50S II Test: Bildsensor in Übergröße (51,4 Megapixel)
Die GFX-Kameras stehen seit Einführung im Jahr 2017 für erschwingliches Mittelformat. Bis vor wenigen Jahren waren Kameras mit Sensoren in Größe über dem einer Kleinbildkamera ausschließlich Vollprofis vorbehalten. Eine Investition in der Größenordnung eines gebrauchten Mittelklasse-PKWs war fix mit der Anschaffung eines Mittelformatsystems verknüpft.
Doch Fujifilm hat es geschafft, die High-End-Klasse ins Segment der Profis und anspruchsvollen Hobbyisten zu integrieren und treibt diese Produktphilosophie mit der neuen GFX 50S II auf die Spitze. Maßgeblich verantwortlich dafür ist der aggressive Preis der Kamera, die auf den Pionier der GFX-Reihe folgt, der zur photokina 2016 vorgestellt wurde: Die Neuheit kostet „nur“ 3.999 Euro. In puncto Sensor bietet die GFX 50S II im Vergleich mit ihrer Vorgängerin keine Veränderung.
Der Bayersensor mit 55 mm Diagonale löst weiterhin 51,4 Megapixel auf und bietet einen Lichtempfindlichkeitsbereich von ISO 100 bis 12.800, der sich auf bis zu 102.400 erweitern lässt. Anders als die Vorgängerin bietet die GFX 50S II einen integrierten 5-Achsen-Bildstabilisator, der auf eine Kompensation von bis zu 6,5 Blendenstufen (CIPA-Standard) ausgelegt ist. Die Bildqualität ist super.
Mit viel Auflösung und sehr gutem Gespür für Detailwiedergabe überzeugen die Fotos der GFX 50S II in Labor und Praxis. Und auch das Rauschverhalten überzeugt: Klar, es gibt Kameras, die hier noch besser abschneiden (bspw. die Canon EOS R5), allerdings ist die Leistung angesichts der Sensorgröße und Auflösung beachtlich. Bis einschließlich ISO 3.200 ist keinerlei störendes Rauschen mess- und sichtbar. Erst ab ISO 12.800 wird Rauschen auffällig.
Fujifilm hat in der Kamera ein attraktives Ausstattungspaket inklusive Schulterdisplay und hochauflösendem Touch-Monitor integriert.
1 | Moduswahlrad: Den Belichtungsmodus stellen Sie auf der linken oberen Seite ein. Es gibt 6 Benutzermodi zum Programmieren.
2 | Sucherbuckel: Im Sucherbuckel verstecken sich der Blitzschuh sowie der OLED-Sucher (s. oben). Einen Aufklappblitz gibt es nicht.
3 | Schulterdisplay: Das Schulterdisplay erweist sich als übersichtlicher Schwarzweiß- monitor. Gut für die Kontrolle.
4 | Touchmonitor: Der 3,2 Zoll große Touchmonitor löst mit 2,36 Mio. BP übersichtlich auf. Er ist zweifach kippbar: horizontal & vertikal.
5 | Elektronischer Sucher: Mit einer Auflösung von 3,69 Mio. BP und 100-prozentiger Bildfeldabdeckung bietet der Sucher einen guten Überblick.
6 | Kameragehäuse: Das Gehäuse gleicht dem der GFX 100S aufs Gramm und die Millimeter genau. Es ist staub- und spritzwasserfest.
Aktuelle, reduzierte Ausstattung
So groß der Sensor ist, so groß ist auch die Ausstattung – wenn auch in einigen Punkten etwas eingeschränkt. Doch dazu im Detail mehr. Für das Autofokussystem setzt Fujifilm wie bei der Vorgängerin auf Kontrastdetektion mit bis zu 425 Messfeldern. Ein hybrides AF-System bleibt dem Schwestermodell GFX 100S vorbehalten.
Dennoch liefert der Autofokus der GFX 50S II eine gute Leistung. Motive werden zügig und präzise angesteuert. Zudem verfügt die Kamera über eine Augen- und Gesichtserkennung. Allerdings wird beim Test der Neuheit auch klar, dass es Kameras auf dem Markt gibt, die deutlich schneller fokussieren – trotz des fortschrittlichen X-Prozessors 4.
Dieses Zwischenfazit gilt auch für die Serienbildgeschwindigkeit: Gerade einmal drei Bilder sind mit der GFX 50S II möglich. Die aus heutiger Sicht träge Serienbildfolge grenzt die Zielgruppe der Profikamera sehr ein. Im Fokus stehen Fans der Naturund Landschaftsfotografie sowie der Porträt- und Produktfotografie. In diesen Genres spielt die Fujifilm ihr volles Potenzial aus. Das liegt auch am kompakten, wetterfesten Gehäuse.
Mit einem Gewicht von etwa 900 Gramm und einer robusten Magnesiumverarbeitung eignet sich die Kamera hervorragend für unterwegs. Die Abdichtungen gegen Staub und Spritzwasser sowie der Frostschutz bis minus zehn Grad Celsius spielen dem Einsatz bei schlechtem Wetter zusätzlich in die Karten.
Sie erinnert das Gehäusedesign an das des Schwestermodells GFX 100S? Kein Wunder: Die GFX 50S II ist baugleich mit dem 2.000 Euro teureren Schwestermodell. Der größte Unterschied zwischen beiden Kameras ist die Auflösung des Sensors, der Autofokus sowie das Videoformat.
Übersichtliche Bedienung
Beim Praxistest der GFX 50S II wird klar, dass sich Fujifilm um eine gute Motivübersicht bemüht hat – allerdings ohne technische Innovationen. Für den elektronischen Sucher, den rückseitigen Touchmonitor sowie das Schulterdisplay greift Fujifilm auf die GFX 100S zurück. Das heißt, dass sich alle mit Interesse an der Neuheit über einen 0,5 Zoll großen OLED-Sucher mit einer Auflösung von 3,69 Mio. Bildpunkten freuen dürfen.
Der Monitor ist sowohl vertikal als auch horizontal kippbar und mit einer Touchfunktion ausgestattet. Die Auflösung des 3,2 Zoll großen Displays beträgt 2,36 Million Bildpunkte. Ein weiteres Display (1,8 Zoll groß) befindet sich auf der Oberseite der Kamera und zeigt nach Belieben Kameraeinstellungen oder beispielsweise das Histogramm an.
So macht Fotografieren Spaß!
Fokus klar auf dem Einzelbild
Schon beim Blick auf das Datenblatt der Kamera fällt auf, dass die GFX 50S II nicht die erste Wahl für anspruchsvolle Videoproduktionen ist. Zwar bietet die Kamera neben einem Kopfhörer- und einem Mikrofoneingang zahlreiche weitere Anschlüsse, allerdings ist die maximale Videoauflösung mit Full-HD (1.920 x 1.080 Pixel) aus heutiger Sicht überholt.
Ähnlich wie der Hybrid-Autofokus bleiben auch Videos in 4K-Auflösung dem noch höher auflösenden Schwestermodell GFX 100S vorbehalten. Im Fokus der GFX 50S II stehen statt innovativen Videofunktionen Ausstattungsmerkmale, die Fotofans begeistern sollen.
Wie für eine moderne Systemkamera von Fujifilm üblich besitzt auch die GFX 50S II zahlreiche Filmsimulationen, wie beispielsweise Classic Chrome, Acros und Eterna. Zudem bietet die GFX 50S II Bracketing-Funktionen für Belichtung, Filmsimulation, Dynamikumfang, ISO, Weißabgleich und den Fokus. Sollte Ihnen die Auflösung von 51,4 Megapixeln mal nicht ausreichen, können Sie mit der Pixel-Shift-Multi-Shot-Funktion automatisiert 16 Einzelbilder erstellen, wobei der Bildsensor mithilfe des IBIS-Systems nach jeder Belichtung um 0,5 Pixel verschoben wird.
Diese Einzelbilder können Sie im Nachgang mit der Software Pixel Shift Combiner zu einem Einzelbild mit bis zu 200 Megapixel Auflösung zusammenfügen. Eine interne Bildverarbeitung der 16 rund 54 MB großen Rohdateien ist leider nicht verfügbar.
Im Vergleich mit Vollformat: GFX 50S II vs. Canon EOS R5 vs. Nikon Z 7II vs. Sony Alpha R IV
Mit Filmabmessungen einer analogen Mittelformatkamera können die Sensoren der digitalen GFX-Modelle von Fujifilm nicht mithalten. Dennoch sind die hochauflösenden GFX-Sensoren (43,8 x 32,9 mm) etwa 1,7-fach so groß wie klassische Vollformatsensoren (36 x 24mm). Da sich beide Kameraklassen zunehmend preislich annähern, haben wir die Neuheit von Fujifilm mit drei hochauflösenden Vollformat-Systemkameras von Canon, Nikon und Sony (siehe unten) verglichen.
Das Resultat: Alle drei Vollformatkameras, davon zwei deutlich günstiger als die Fujifilm GFX 50S II, können in unserem Test besser abschneiden. Das liegt vor allem an der Ausstattung, die bei den digitalen Vollformatkameras aufgrund einer höheren Serienbildgeschwindigkeit und eines Funktionsumfangs von beispielsweise 4K-Video schlichtweg besser ist.
Wenn Sie zwischen einer professionellen Vollformat- und einer GFX-Kamera stehen, sollten Sie zudem die Objektivauswahl beachten. Inzwischen haben Sie bei allen Anbietern eines spiegellosen Vollformatsystems eine größere Auswahl an Objektiven als im GFX-Segment. Die Vollformatobjektive sind zudem auch tendenziell günstiger als die doch recht üppig bepreisten Fujinon-GF-Objektive. Ausnahmen bestätigen gewöhnlich die Regel und so hat Fujifilm mit dem zeitgleich vorgestellten GF 35-70mm F4.5-5.6 WR ein kompaktes und mit 999 Euro erschwingliches Zweifach-Standardzoom für das GFX-Format vorgestellt – gut für einen preiswerten GFX-Start.
Canon EOS R5
Canon kann sich mit der EOS R5 Platz eins in unserer Bestenliste sichern. Die Bildqualität ist – auch im Vergleich zur Canon EOS R – erstaunlich gut. Trotz der hohen Auflösung ist das Rauschverhalten und der Dynamikumfang super. Hinzu kommen eine schnelle Bildverarbeitung, ein exzellentes Autofokussystem sowie eine rasante Serienbildgeschwindigkeit.
Und dann gibt es da ja noch das 8K-Videoformat – und das Problem mit der Überhitzung: Wer über längere Zeit in 8K-Auflösung filmen möchte, ist mit deutlich teureren Filmkameras besser bedient. Fotografen und EOS-Fans werden mit der hoch, aber noch fair bepreisten EOS R5 hingegen viel Freude haben.
Nikon Z 7II
Mit einem sensationellen Testergebnis von 93,6 Prozent gehört die neue Nikon Z 7II selbstredend zu einer der besten Profi-CSCs, die der Fotomarkt derzeit zu bieten hat. Die hohe Auflösung des bildstabilisierten Vollformatsensors holt Profis ab. Die Optimierungen in Prozessorleistung und Serienbildgeschwindigkeit sind ein zusätzlicher Pluspunkt. Ebenso wichtig: der zweite SD-Kartenslot. Auf Letzteren hätte Nikon aber auch schon bei der Z 7 kommen können.
Sony Alpha 7R IV
Die Alpha 7R IV ist die erste Wahl für Fotograf*innen, die auf der Suche nach einem kompakten Profisystem mit exorbitant hoher Auflösung sind.
Der Preispunkt: 3.999 Euro
Wenn wir schon einmal beim Preis sind, müssen wir uns die Fujifilm GFX 50S II noch einmal im Detail anschauen: Für einen Neupreis von 3.999 Euro geht die GFX 50S II aktuell über die Ladentheke – deutlich günstiger als das Konkurrenzprodukt von Hasselblad mit gleich großem Sensor (X1D II 50C, 5.499 Euro). Für einen Aufpreis von 500 Euro können Sie das eben erwähnte Fujinon GF 35-70mm-Standardzoom als Kit-Objektiv dazu erwerben.
Was wir im Lieferumfang vermissen, ist ein externes Ladegerät. Ohne ein solches Ladegerät muss der Akku in der Kamera über das beiliegende USB-C-Kabel samt Netzstecker aufgeladen werden. Folglich kann die Kamera in dieser Zeit nicht genutzt werden. Daher lohnt sich die Investition des Dual-Akku-Ladegeräts BC-W235 für etwa 58 Euro, auch wenn die Laufzeit von etwa 455 Aufnahmen mit einem voll aufgeladenen Akku durchaus ausdauernd ist.
Datenblatt Fujifilm GFX 50S II
Hersteller | Fujifilm |
Webseite | www.fujifilm.de |
Typ | Spiegellose Systemkamera |
Preis (Handel/UVP) | 3.999 Euro/ 3.999 Euro |
Zielgruppe | Profis |
Sensor | CMOS, 43,8mm x 32,9mm |
Auflösung (max.) | 51,4 MP – 8.256 x 6.192 px |
Empfindlichkeit | ISO 100-12.800 (102.400) |
Autofokus-Felder | 425 (Kontrast-AF) |
Belichtungszeit | 1/16.000 – 60 min. – Bulb |
Bildserie (JPEG Fine) | 2,9 B/s |
Video-Format | Full-HD 1.920 x 1.080px, 30p |
Sucher | 0,5''-OLED, 3,69 Mio. BP, touch, kippbar Monitor |
Monitor | 3,2''-Touch-LCD |
Bajonett | Fujinon G |
Größe (B × H × T) | 150 x 104 x 87,2 mm |
Gewicht (ohne Akku) | 819 g |
DigitalPHOTO-Fazit
Mit der neuen GFX 50S II hat Fujifilm ein abgespecktes Schwestermodell der seit Jahresanfang erhältlichen GFX 100S vorgestellt. Die Kamera glänzt in unserem Test mit üppiger Auflösung und einem tollen Ausstattungspaket. Zudem ist die Kamera erfreulich leicht und damit gut für unterwegs geeignet. Abzüge gibt es für die lahme Serienbildgeschwindigkeit von nur rund drei Bildern pro Sekunde sowie für die Videoaufzeichnung in maximal Full-HD.