In diesem Workshop gibt Ihnen Fotograf Tilo Gockel hilfreife Tipps und zeigt Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie stimmungsvolle Porträts mit Offenblende in der Dämmerung ablichten. Alles, was Sie brauchen, sind ein Systemblitz, befestigt auf der Kamera, und ein gekonnt ausgerichtetes Licht.
Manchmal ist einfach keine Zeit oder auch kein Platz, um ein Porträt-Shooting mit mehreren Blitzen in der Stadt aufwendig auszuleuchten. Doch mit einem Trick lässt sich das sonst harte Blitzlicht schnell und einfach optimieren. Dies funktioniert, indem Sie den Blitz auf die Kamera stecken und diesen nicht direkt auf Ihr Model ausrichten, sondern über eine Wand „bouncen“ (reflektieren) lassen. So spielen Sie das Licht sozusagen über die Bande. Meist wird dieser Kniff in Innenräumen angewandt, aber wie Sie hier sehen, kann das auch prima „on location“ funktionieren. Das Shooting mit Olena haben wir in rund 15 Minuten und im dichtesten Gedränge durchgeführt. Mit von der Partie war auch Fotograf Neil van Niekerk, und ich wollte ihn etwas provozieren und sein „Black Foamie Thing“ einmal in extremen Bedingungen austesten. Normalerweise wünscht man sich beim Bouncen eine weiße Wand in der Nähe, aber wie Sie weiter unten lesen werden, funktioniert auch eine Schaufensterscheibe oder ein roter Bus. Das reflektierte Blitzlicht sorgt so für die gleichmäßige Ausleuchtung sowohl des Models als auch des Hintergrunds, in dem die Lichter der Stadt als kunstvolle Bokeh-Kreise verschwimmen.
Blitzleistung Nachjustieren
Mittels der Blitzbelichtungskompensation sowie der Blitzbelichtungsspotmessung können Sie die Belichtung Ihres Blitzgeräts noch feiner einstellen. Für die gezeigten Fotos haben wir nur eine dezente Blitzbelichtungskompensation von –0,33 EV eingestellt und auf die Spotmessung verzichtet. Dennoch liefert die TTL-Messung auch ohne die oben genannten Features bereits gute Ergebnisse. Verwenden Sie fürs Bouncing idealerweise einen TTL-Blitz – seine Automatik regelt etwaige Änderungen in den Winkeln und Abständen aus. Die Fotos gelingen aber auch mit einem preiswerten, manuellen Blitz aus Fernost (wie z. B. der Marke Yongnuo). Sie benötigen dann nur etwas mehr Zeit für die Einstellung.
Mit Farben Stimmung erzeugen
Da man bei solchen Porträtaufnahmen auch Umgebungslicht im Bild zulässt, wird das Model nicht nur mit Blitzlicht, sondern zum Teil auch mit dem Umgebungslicht beleuchtet. Je nach Verhältnis von Umgebungslicht zu Blitzlicht kann dieser Lichtmix die Hautfarbe ins Grünliche oder ins Violette verschieben. Aber auch die Farbe der Reflexionsfläche spielt eine wichtige Rolle. Unten sehen Sie ein Beispiel aus demselben Shooting. Das Foto (unten) hatte einen extremen Rotstich, weil das Blitzlicht über den roten Bus im Hintergrund zurückgeworfen wurde. Dieser Effekt war aber mit dem Weißabgleich-Werkzeug in Adobe Camera Raw leicht zu kompensieren. Wir haben hierfür als neutralen Bereich das Weiß im Auge des Models mit der Pipette angewählt.
Schöne Bokeh-Kreise erzielen
Aufnahmen wie die gezeigten leben von der geringen Schärfentiefe, die aus den Lichtern der Großstadt die begehrten großen Lichtkreise zaubert. Die Schnellanleitung dafür lautet: Wählen Sie eine lange Brennweite, eine weite Blende, einen kurzen Abstand zum Motiv und einen weiten Abstand zum Hintergrund. Achten Sie bei jeder Aufnahme auch stets auf den Hintergrund. Die großen Bokeh-Lichtkreise sollten ein ansprechendes, ruhiges Muster bilden.
Just one Flash!
In seinem Fotopraxisbuch „Just one Flash! Tolle Fotos mit nur einem Blitz“ zeigt Ihnen Fotograf Tilo Gockel, wie Sie mit ganz wenig Aufwand und nur einer Lichtquelle hervorragende Bilder erzielen. Von Porträt- über Stilllife- und Foodfotografie bis hin zu Spezialtechniken wie Stroboskop- und Flare-Effekten – hier finden Sie jede Menge Praxistipps, die Sie sofort im Heimstudio oder draußen ausprobieren können.
dpunkt Verlag | 240 Seiten | 29,90 Euro | ISBN 978-3-86490-209-3 |
