Ratgeber

6 Tipps zum Regelbruch: so gestalten Sie spannende Motive

In der Fotografie gibt es feste Regeln, die dabei helfen, aus einem gewöhnlichen Motiv ein besonderes zu machen. Aber auch hier gilt: Jede Regel ist dazu da, gebrochen zu werden. Sie werden überrascht sein, welch kreative Ergebnisse Sie dadurch erzielen können.

6 Tipps zum Regelbruch für kreative Aufnahmen

1. Bilder gezielt schräg stellen

Warum funktioniert das Foto so gut? 

Hier wird aus einem simplen Motiv ein Hingucker, da der Horizont schief fotografiert wurde.

1 | Hier wurde sich bewusst für einen schiefen Horizont entschieden. Unsere Fantasie wird angeregt. Das Motiv kippt nach rechts und gewinnt damit an Dynamik. Einfach, aber effektvoll.

2 | Bei einem simplen Motiv wie dem Baum funktioniert der Effekt perfekt. Trotz schiefer Ebene wirkt das Bild ausgeglichen. Das liegt an der spiralförmigen Linienführung, die der Baum wirft.

2. Bewusste Verwacklung

Großstadt, Lärm, Hektik, Menschen und Fahrzeuge rasen an uns vorbei – dieses Szenario kennen wir alle. Fotografisch ist eine solche Atmosphäre gar nicht so einfach einzufangen, es sei denn, Sie brechen die Regeln und lösen sich von der gängigen Vorgehensweise.

Im Bildbeispiel wurde eine relativ lange Belichtungszeit von 1/20 s gewählt. Eigentlich brauchen Sie eine eher kurze Verschlusszeit, um schnelle Motive zu fotografieren und nicht zu verwackeln. Hier nun aber der Regelbruch: Nehmen Sie Ihre Kamera in die Hand und nicht aufs Stativ, wie Sie es bei langen Belichtungszeiten eigentlich tun würden.

Obendrein können Sie sich, während Sie auf den Auslöser drücken, ruhig ein wenig in Fahrtrichtung, wie hier die des Radlers, drehen. Der Effekt ist wirklich interessant.

Warum funktioniert das Foto so gut? 

Geschwindigkeit wird mittels Verwacklungseffekt abstrakt dargestellt.

1 | Eine lange Belichtungszeit und die Bewegung der Kamera lassen Lichtspuren entstehen, die gut zum Stadttrubel passen.

2 | Ohne den Radler bestünde das Bild nur aus verwischten Farben. Durch ihn bekommen wir einen Bezug zum Geschehen.

3. Kreative Unschärfe 

Unscharfe Bereiche im Bild sollen in der Regel den Blick des Betrachters auf das scharf abgebildete Hauptmotiv lenken. In der Porträtfotografie wird dies gern genutzt. Die Augen des Models müssen immer perfekt scharf abgebildet sein, alles andere verschwindet in einer geringen Schärfentiefe.

Beim Regelbruch „Kreative Unschärfe“ wird das Szenario bewusst ad absurdum geführt: Denn alles in unserem Beispielbild links ist unscharf! Es zeigt einen bunt geschmückten und festlich beleuchteten Weihnachtsbaum, der so fotografiert wurde, dass er nur noch schemenhaft dargestellt ist. Zusammen mit den verschwommenen Lichtern entsteht ein abstraktes Bild mit wunderbar malerischem Effekt.

Nehmen Sie hierfür eine besonders große Blendenöffnung (z. B. f/1,8) und stellen Sie die Schärfe am Objektiv manuell ein, da der Autofokus den Baum sonst scharf stellen würde.

Warum funktioniert das Foto so gut? 

1 | Bei solchen Unschärfen ist es für den Betrachter wichtig, das Motiv trotzdem wiederzuerkennen. Behandeln Sie das Objekt so, als würden Sie es scharf abbilden. In diesem Fall wurde der Baum bewusst mittig platziert.

2 | Wählen Sie Fotoobjekte, die sich gut vom Hintergrund abheben. So lässt sich das Motiv besser einordnen.

4. Unterbelichtet

Das Motiv muss rundum gleichmäßig ausgeleuchtet sein! So steht es im Regelbuch und seien wir mal ehrlich: In den meisten Fällen trifft dies auch zu. Doch besonders bei Porträts in dunklen Räumen und ohne zusätzliche Lichtquellen kann es schnell passieren, dass eine Gesichtshälfte wesentlich dunkler erscheint als die andere.

Dabei sollten aber beide Augen sichtbar sein. Unterbelichtete Bilder können ebenfalls ihren Reiz haben. Sie wirken mysteriös und geheimnisvoll. Wichtig ist dabei, dass man beim Betrachten weiterhin das Motiv erkennt.

Warum funktioniert das Foto so gut? 

Das Bild ist zu dunkel belichtet, es wirkt aber erst dadurch spannend.

1 | Auch wenn die linke Bildhälfte komplett in Schwarz versinkt, sind immer noch Schemen erkennbar. Die Aufnahme wirkt dramatisch und geheimnisvoll.

2 | Wie so oft, ist auch hier die Blickrichtung wichtig für die Bildkomposition. Beim Betrachten fragt man sich, was die Katze wohl erspäht hat. Also: Dunkle Aufnahmen können spannend sein.

5. Überbelichtet 

Es ist uns allen schon einmal passiert – die Kameraeinstellung ist noch im manuellen Modus, da sehen wir plötzlich ein Motiv, drücken den Auslöser und … überbelichtet. Ehe wir alles umgestellt haben, ist der Zug längst abgefahren und die Fotosituation vorbei. Genau in solchen Momenten entstehen mitunter Effekte, die sie kreativ nutzen können.

Die nebenstehende Aufnahme ist viel zu hell, der Untergrund brennt förmlich aus. Aber genau das ist doch interessant. So sind die Passanten nur noch als bunte Bildpunkte auf weißem Grund zu erkennen.

Warum funktioniert das Foto so gut? 

Trotz fehlerhafter Belichtung wirkt die Aufnahme in sich stimmig.

1 | Viele Dinge funktionieren in diesem Bild sehr gut. Da ist zum einen der hohe Kamerastandpunkt und zum anderen der helle Untergrund, ohne den die Aufnahme praktisch nicht möglich wäre.

2 | Auch die Laufrichtung der bunten Passanten lässt das Bild harmonisch wirken, denn dadurch entstehen Linien, die unseren Blick ganz gezielt führen.

6. Kein Motiv? Na und? 

In unserem Beispielbild rechts sehen Sie im wahrsten Sinne des Wortes den Wald vor lauter Bäumen nicht. Helle Baumstämme auf schneebedecktem Boden, keine Schatten – wie soll da nur ein ansprechendes Foto entstehen? Nun, genau so! Auch ohne klar definiertes Hauptmotiv lassen sich interessante Aufnahmen zaubern.

In diesem Fall vermischen sich die kreuz und quer liegenden Äste zu einem fast schon abstrakten Anblick. Beim Betrachten sucht man gar nicht nach einem bewussten Punkt, sondern lässt seinen Blick über das schöne Durcheinander der Natur schweifen.

Solche Waldmotive eignen sich dafür sehr gut – besonders in der grauen, kalten Winterzeit. Im Sommer würden das üppige Grün und die möglichen, starken Schatten unseren Blick nur ablenken. So aber entsteht eine flächige Bildwirkung und das alles ohne richtiges Motiv.

Warum funktioniert das Foto so gut?

Tatsächlich müssen Sie nicht unbedingt nach einem konkreten Motiv suchen. Es geht auch ohne.

1 | Die Kamerapostion ist auf Augenhöhe. Wäre sie viel tiefer oder höher, würde das Motiv seine Wirkung verlieren, da wir uns dann viel zu sehr auf die Perspektive konzentrieren würden.

2 | Die Linien der Bäume machen aus dem Bild eine fast schon abstrakte Aufnahme. Auch in Schwarzweiß würde sich dieses Motiv eignen. Dann würde es womöglich noch kunstvoller wirken.

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