Ihnen ist dieses Thema bestimmt auch nicht entgangen, nicht wahr? Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Fotografie und allgemein im kreativen Prozess wird seit Monaten heiß diskutiert. Aber was steckt dahinter und wie ist der Status Quo der technischen Entwicklung?
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Künstliche Intelligenz und die Fotografie
Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) ist derzeit in aller Munde. Die Idee der verschiedenen KI-Systeme ist, uns bei diversen Aufgaben und Fragestellungen durch die im Internet bereits vorhandenen Informationen in Sekundenschnelle mit Lösungen zu unterstützen.
So kann bspw. ChatGPT (OpenAI) eine Marketingstrategie für Ihr Projekt vorschlagen, Ihre nächste Familienreise planen oder einen Beschreibungstext über Ihre letzte Fotoserie verfassen. Und die Erstellung von Texten über ChatGPT ist nur ein winziges Angebot im unendlichen Ozean der KI-generierten Möglichkeiten, wie Texte zu Videos umwandeln, Stimmen klonen, Musik erstellen, programmieren …
Auf www.futurepedia.io z. B. finden Sie eine umfangreiche Datenbank mit über 1700 KI-Tools in 54 Kategorien, die laut Betreibenden täglich aktualisiert wird.
KI-generierte Bilder



Auch die KI-basierte Erstellung von Bildern bleibt hier nicht außen vor. Sogenannte Text-zu-Bild-Generatoren wie MidJourney, DALL-E 2 oder Adobe Firefly können innerhalb weniger Sekunden Bildvorschläge für Sie generieren – fotorealistisch oder künstlerisch- illustrativ, je nach persönlichem Geschmack oder Bedarf.
Was Sie dafür machen müssen, ist, den KI-Generator mit bestimmten Prompts zu füttern. Prompts nennt man die Begriffe, an denen sich das KI-System orientiert, um das möglichst passende Ergebnis zu liefern (s. Screenshots oben am Beispiel von Adobe Firefly).
Je spezifischer Sie die verwendeten Prompts eintragen, desto akurater und kreativer wird Ihr KI-generiertes Werk sein. Bei manchen Generatoren können Sie auch den Link zu einem ähnlichen Foto oder gar eine Bilddatei per Drag&Drop einfügen, damit sie zur Orientierung genutzt werden.
Darüber hinaus können Sie u. a. bei MidJourney Ihr eigenes Foto hochladen und die Funktion „Inpainting“ benutzen, um weitere KI-generierte Objekte an ganz bestimmten Stellen im Bild einzufügen. Aber wie erstellen die KI-Generatoren überhaupt ein Bild? Ein KI-generiertes Werk ist nicht einfach eine Zusammenstellung verschiedener Bilder zu einer Art Collage.
Sobald Sie Ihre Prompts eingeben, werden diese im Programmhintergrund zum KI-System (z. B. zu OpenAI bei DALL-E 2), wo die leistugsstarke KI trainiert wurde, diese Begriffe zu verstehen und sie in originelle, einzigartige Werke zu transformieren. Dies lernt sie, indem sie sich bereits Milliarden von Bildern angesehen und so „verstanden“ hat, dass beispielsweise eine Meeresküste Sand, Wellen usw. aufweist.
Durch dieses sogenannte Deeplearning lernt die KI die Zusammenhänge zwischen den Objekten und weiß, wo sie sie bei einem neuen Werk positionieren soll. Auf der Website adobe.com/sensei/generative-ai/firefly.html schreibt Adobe, dass sein KI-Generator nur Adobe-Stock-Bilder, öffentlich lizenzierte Dateien und den lizenzfreien Content, bei dem die Urheberrechte schon abgelaufen sind, zu Trainingszwecken verwendet.
Allerdings geriet der Software-Hersteller im März dieses Jahres in die Medien mit dem Vorwurf, dass die in der Creative Cloud hochgeladenen Bilder aller Nutzerinnen und Nutzer ohne ihre Genehmigung für die Optimierung von Adobe Firefly eingesetzt werden. Auch der Open-Source-KI-Generator Stable Diffusion mit Sitz in London wurde im Februar unter anderem von Getty Images angeklagt, Millionen von Bildern ohne Lizenzierung für die Trainingszwecke seiner KI benutzt zu haben.
Diese Text-zu-Bild-Generatoren haben in den vergangenen Monaten weltweit besonders an Popularität gewonnen und die KI-Bildproduktion revolutioniert:
- DALL-E & DALL-E 2: Die erste Version wurde 2021 von OpenAI vorgestellt. | Preis: 15 US-Dollar für 115 Credits | https://labs.openai.com
- Adobe Firefly (Beta): Im März 2023 hat Adobe seine generative KI in der Beta- Version vorgestellt. | Preis: Teil der Adobe Creative Cloud | www.adobe.com/sensei/generative-ai/firefly.html
- Midjourney: 2022 vom gleichnamigen Forschungsinstitut entwickelt | Preis (Version 5): 10 bis 60 US-Dollar pro Monat | www.midjourney.com
Enorme Welle geschlagen
Die Nutzung der Text-zu-Bild-Generatoren ist schnell weltweit auf enorme Popularität gestoßen. In ihren ersten Versionen wurden KI-Systeme wie MidJourney und DALL-E mit kostenfreien Angeboten veröffentlicht. In nur einem Jahr wurden die KI-Generatoren so ausgefeilt, dass ihr Ausprobieren umso mehr Spaß machte. So sind einzelne KI-generierte Werke in den sozialen Medien extrem viral gegangen.

Denken Sie dabei an den Papst in seinem luxuriösen, weißen Daunenmantel, an das Bild von Merkel und Obama, die beim vertrauten Eisessen-Treff „erwischt“ wurden, oder an die Verhaftung von Donald Trump. Für die letzteren KI-Bilder wurde der investigative US-Journalist Eliot Higgins laut eigener Aussage bei MidJourney gesperrt.
Um vor Inhalten zu sensiblen Themen zu schützen, hat bspw. MidJourney auch schon Listen mit verbotenen Prompts wie „arrested“ (verhaftet), aber auch Begriffe rund um die menschliche Fortpflanzung eingeführt. Mit diesen Maßnahmen, die nur temporär sein sollten, versucht man, die KI-generierten Werke einigermaßen zu moderieren.
Ende März wurde die kostenlose Testversion von MidJourney eingestellt – während seiner einjährigen Existenz hat dieser KI-Generator mehr als 13 Millionen Userinnen und User gewinnen können. Ein enormes Wachstum, das kontrolliert werden sollte, so der CEO und Gründer David Holz im Interview für The Washington Post.
Moralische Fragen


Die Ursprungsidee der verschiedenen Text-zu-Bild-Generatoren, nämlich die menschliche Kreativität zu unterstützen, läuft wie oft bei neuen Erfindungen allerdings aus dem Ruder. So faszinierend der technische Fortschritt sein kann, umso mehr ethischkritische Fragen tauchen auf. Denn die fotorealistischen KI-generierten Bilder können auch für Manipulation und Missbrauch eingesetzt werden.
Die KI-Systeme werden durch die menschlichen Antworten und Beispiele trainiert. Das bedeutet, sie wiederholen unsere Fehler, und das führt zu einseitigen Ergebnissen und somit weiterhin zu Diskriminierung, Rassismus und Spaltungen der Gesellschaft. Nicht zu vergessen die psychischen Schäden wie Depressionen und Essstörungen, die durch das Verbreiten bestimmter Inhalte verursacht und verstärkt werden können.

Wenn es um KI-generierte Bilder geht, tauchen sofort zig rechtliche Fragen auf. Rechtsanwältin Eva Gabriel-Jürgens gibt hier die Antworten.
In Deutschland ist es so, dass nur von Menschen erstellte Werke urheberrechtlichen Schutz genießen können. Maschinen und Tiere können keine Rechte innehaben – daher sind Bilder und Videos, die allein von einer KI generiert wurden, auch nicht urheberrechtlich geschützt.
Die KI-Generatoren wurden allerdings an einer enormen Vielzahl echter Werke, die im Internet verfügbar sind, trainiert. Durch das Lernen an vorbestehenden Werken wurde ihr Algorithmus geformt.
Auch wenn die KI-Bildgeneratoren die geschützten Werke eigentlich nicht ohne Erlaubnis der Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber eins zu eins kopieren dürften, kann es vorkommen, dass der Output einer KI die Rechte Dritter verletzt, indem er beispielsweise einem geschützen Werk so ähnlich ist, dass dies eine Urheberrechtsverletzung darstellt oder eine reale Person in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt wird.
Nutzerinnen und Nutzer einer KI haben kaum eine Chance, dies zu überprüfen. Künstlerinnen und Künstler haben aber das Recht, die Nutzung ihrer Werke zu Trainingszwecken durch KIs zu untersagen. Im Internet muss ein solcher Nutzungsvorbehalt in maschinenlesbarer Form erfolgen.
Falls Kreative fürchten, dass ihre Werke bereits ohne ihr Wissen zu Trainingszwecken genutzt wurden, können sie das z. B. auf https://haveibeentrained.com überprüfen. Die Nutzung von KI-Bildgeneratoren wirft viele rechtlich noch nicht abschließend geklärte Fragen auf: so z. B. inwieweit man eine KI lediglich als Hilfsmittel bei der Erstellung eines eigenen, urheberrechtlich geschützten Werkes einsetzen kann oder ob ein besonders kreativer Prompt ggf. urheberrechtsfähig sein kann.
Außerdem muss geklärt werden, wer die Rechte an den Outputs der KIs innehat und wer für diese haftet. Wenn es um den Punkt geht, ob man ein von einer KI erstelltes Werk für Werbe- oder redaktionelle Zwecke verwenden darf, heißt es zur Zeit: Auf eigene Gefahr, denn es besteht immer das Risiko, dass man durch das KI-generierte Bild, ohne es zu wissen, die Rechte Dritter verletzt. Letztlich muss dies jeweils im Einzelfall geprüft werden.
Die unkontrollierbare Welle, die bspw. MidJourney innerhalb eines Jahres ausgelöst hat, beweist, dass man nach allgemeinen Lösungen suchen sollte. Neue Technologien sofort ablehnen und verbieten, wäre falsch. KI gehört zur Gegenwart und Zukunft, genau wie die Erfindung der Elektrizität, der Fotografie, des Internets usw.

Eine mögliche Lösung wären die strengere Qualitätsprüfung und Transparenz der KI-Systeme, noch bevor sie auf den Markt kommen. Wie werden die KIs trainiert? Wurden sie genügend getestet? Entsprechen sie bestimmten Vorschriften, die die Menschenrechte und -würde schützen?
Die italienische Datenschutzbehörde hat im März die Nutzung von ChatGPT temporär gestoppt – eine Maßnahme, auf die Tech-Größen wie Elon Musk und Apple-Mitbegründer Steve Wozniak aus Sorge vor einer Zwangspause für die KI-Weiterentwicklung sogar mit einem offenen Brief reagiert haben – wobei nicht der Fortbestand von ChatGPT gemeint war, sondern der kontrollierte Umgang damit.
Ein zusätzliches Lösungskonzept, das auch sofort umgesetzt werden kann, ist die obligatorische Kennzeichnung der KI-generierten Werke als solche.

Die KI-Technik bringt zweifelsohne viele neue Möglichkeiten mit sich, gerade für die Branchen der Werbung, Filmindustrie und Kunst. Allerdings gibt es auch einige ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Verwendung KI-erzeugter Fotos, insbesondere im Hinblick auf Ethik und Privatsphäre.
Die KI ist heute schon in der Lage, fotorealistische Bilder zu erzeugen. So können diese zur Erstellung von Fake-News und Desinformation verwendet werden. Das heißt, dass Kriminelle und andere Personen mit böswilligen Absichten Fotos erstellen können, die scheinbar real sind, um so z. B. politische Meinungen zu manipulieren oder Personen in einem schlechten Licht darzustellen.
So können Menschen in Situationen gezeigt werden, die nie stattgefunden haben, und fälschlicherweise beschuldigt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass KI-erzeugte Bilder kulturelle Stereotypen und Vorurteile verstärken. Denn sie vermitteln auch oft das Idealbild eines „perfekten Menschen“.
Da die Algorithmen auf der Analyse von Datenbanken von Fotos basieren, die oft von Profifotografinnen und -fotografen erstellt wurden, neigen KI-erzeugte Bilder dazu, eine sehr ästhetische und idealisierte Darstellung von Menschen zu schaffen. Dies kann schwerwiegende psychische Auswirkungen haben. Daher müssen wir sicherstellen, dass die KI-Technologie ethisch verantwortungsvoll eingesetzt wird und klar von der Fotografie zu differenzieren ist.

Vor zwanzig Jahren kam die digitale Fotografie. Das war eine Revolution! Seitdem wurden die Kameras und Objektive immer präziser – der Autofokus schneller, die Auflösung besser. Nun ist aber die Technik ausgereift, wir sind an dem Punkt gekommen, an dem auf dem Kameramarkt nichts Außergewöhnliches passiert.
Wie geht es denn weiter für uns Fotografinnen und Fotografen? Und jetzt kommt die KI ins Spiel, ein weiteres frustrierendes Thema für viele Fotobegeisterte und Kreative. Es stimmt, irgendwann werden manche Berufe wie Grafikerinnen und Grafiker, die Logos entwickeln, gefährdet.
Wir sollten uns aber nicht entmutigen lassen, sondern alles im Auge behalten und mit der Entwicklung mitgehen. Mein Vorschlag an Sie: Machen Sie etwas Kreatives, beschäftigen Sie sich mit kreativen Bildern! Das Wort „Fotografie“ würde ich hier auslassen. „Das ist kein Foto mehr!“ – dies wurde uns schon früher und oft vorgeworfen.
Aber ich sage dazu: Das ist kein Foto, das ist Kunst. So können Sie auch alles machen, was Sie möchten – fotografieren, bestimmte Szenerien später zusammenbauen, einzelne Details in einer KI wie MidJourney, DALL-E 2 usw. erstellen lassen und später alles zusammensetzen.
Das ist das, was Spaß macht, das ist das Handwerk! Das ist etwas Persönliches und es ist wichtig, dass Sie persönliche Werke kreieren. Irgendwann werden sich die Menschen an den KI-Bildern sattsehen, diese Bilder sind austauschbar. Das Individuelle, das kann die Maschine nicht.
Die Maschine – egal, ob eine Kamera oder die KI – bleibt eine Maschine. Kreativ sind Sie! Verlieren Sie die Lust am kreativen Arbeiten nicht!