Die Locationplanung hat funktioniert, die Bilder sind im Kasten – das ist schon mal die halbe Miete! Nun geht es an die Bildbearbeitung. Was ist wichtig für ein mitreißendes Bild? Landschaftsfotograf Markus Albert gibt im letzten Teil dieser Artikel-Serie Tipps für die Herangehensweise.

Landschaftsfotos bearbeiten
Wie viel Bildbearbeitung ist in Ordnung – und was ist „zu viel“? Im Zeitalter von KI-Bildgeneratoren gehen die Meinungen darüber weit auseinander. Ich glaube, dass künstlerisch überzeugende Landschaftsbilder ohne Bildbearbeitung kaum möglich sind – schon aus einem Grund:
Kein Kamerasensor kann den hohen Dynamikumfang unserer Augen von rund 20 Blendenstufen auch nur annähernd darstellen. Um dieses Manko auszugleichen, müssen Licht und Schatten immer angepasst werden.
Immer im RAW-Format!
Warum ich Ihnen empfehle, immer im RAW-Format zu fotografieren? JPGs sind bereits „entwickelt“ und komprimiert. Dass die meisten optimal belichteten RAW-Bilder zunächst eher flach und farblos wirken, ist übrigens ganz normal. Erst mit dem Bearbeitungsprozess beginnt die künstlerische Gestaltung nach unseren Vorstellungen, ähnlich dem Malen mit Licht.
Erste Schritte
Photoshop mag viele Fotografie-Neulinge abschrecken – bei mir zumindest war es so. Rückblickend kann ich sagen: Je mehr Funktionen ich gelernt habe, umso besser wurden meine Bilder. Es gibt viele Herangehensweisen und sicher haben alle ihre Berechtigung. Mein persönlicher Editingprozess folgt immer demselben Prinzip.
In Adobe Lightroom stelle ich zunächst die Grundlagen ein. Dazu zählen für mich die Lichttemperatur, Belichtung, Schatten, Highlights und gegebenenfalls die Rauschentfernung. Mein Ziel ist dabei ein verminderter Dynamikumfang des Bildes ohne Über- und Unterbelichtungen.
Mit Blick auf das Histogramm ziehe ich zu starke Schatten und Highlights heraus. Das erlaubt es mir, später in Photoshop mit Licht und Schatten zu „malen“. Wichtig: Mit Ausnahme der Sonne sollte nichts im Bild überbelichtet sein!
Das Finetuning
In Photoshop nehme ich dann den Feinschliff vor – und zwar Bildbereich für Bildbereich. Dazu zähle ich Focus Stacking, zielgenaue Farbkorrekturen, Hinzufügen von Atmosphäre und Licht, Dodging & Burning – das „Malen“, Perspektivkorrekturen, Bildbeschnitt, Säubern usw. Dies nimmt den Großteil der Bearbeitungszeit ein. Übrigens: Ein Grafiktablett (zum Beispiel von Wacom) ist meiner Meinung nach sehr praktisch für das exakte Arbeiten.
Licht und Atmosphäre

Diesen beiden Faktoren sind für mich das A und O eines jeden guten Bildes. Bei der Bearbeitung verstärke ich Licht und Schatten, balanciere kühle und warme Farben aus und gestalte die Übergänge von gesättigteren Farben im Vordergrund zu weniger Sättigung und Kontrast sowie mehr Atmosphäre bzw. Dunst im Hintergrund.
Ich verstärke meist die Lichtquelle – denn Licht und starke Kontraste ziehen das Auge an. Um den Blick des Betrachters in die Bildmitte zu führen, dürfen Vordergrund und Bildränder per maßgeschneiderter Vignette etwas dunkler werden. Gibt es irgendwo im Bild noch leeren Raum? Wenn möglich, das Bild beschneiden!
Lenken zu viele Details den Blick vom Hauptobjekt ab (zum Beispiel Äste, Totholz, Steine)? Einfach mit dem Pinsel leicht abdunkeln und notfalls mit Gaußscher Unschärfe etwas weichzeichnen. Mit einem wohldosierten Orton-Effekt verpassen Sie den Highlights zum Abschluss einen träumerischen Look.
Nachkontrolle
Idealerweise passiert das Finalisieren nicht an einem einzigen Tag, denn unsere Augen gewöhnen sich schnell an Anpassungen. Dabei kann es passieren, dass das gestern noch fantastisch anmutende Bild heute plötzlich viel zu kontrastreich oder zu stark bearbeitet wirkt. Deshalb: Werfen Sie vor dem abschließenden Rendern und der Veröffentlichung im Web lieber einen zweiten Blick drauf

Markus Albert ist Landschaftsfotograf aus Frankfurt am Main. Auf seinen Fotoreisen in Europa und Übersee jagt er das ganze Jahr neue Motive. Lichtstimmung und Atmosphäre sind für ihn die wichtigsten Elemente eines spannenden Landschaftsfotos. Mit Workshops, 1:1-Kursen und Portfolio-Reviews hilft Markus anderen Interessierten bei den Themen Komposition und Bildbearbeitung.
- Teil 1: Vorbereitung für den Fotoausflug
- Teil 2: Reise und Equipment
- Teil 3: Shooting und Komposition
- Teil 4: Diesen Artikel lesen Sie gerade