Pavel Kaplun und Miho Birimisa zeigen Ihnen, wie Sie bei schwierigen Gegenlichtsituationen Ihr Motiv so fotografieren, dass Sie es nachher im Rahmen der RAW-Retusche zu einem echten Hingucker bearbeiten.
Dunkle Gegenlichtfotos mit Camera RAW bearbeiten und retten
Saudi-Arabien als Fotodestination ist den meisten wahrscheinlich kein Begriff, denn das Land hat sich erst Ende 2019 für den Tourismus geöffnet. Unvorstellbar viele neue Motive, die nur darauf warten, entdeckt zu werden.
Pavel und Miho haben deshalb keine Sekunde gezögert, als sich die Gelegenheit bot, in Kooperation mit Photo+Adventure Duisburg (11. bis 12. Juni 2022) nach Al-Ula zu reisen – eine Oase im Nordwesten von Saudi-Arabien, die gleichzeitig Partnerland der diesjährigen Outdoor-, Reise- und Foto-Messe ist und dort in einer eigenen Multivisions-Show am 11. Juni präsentiert wird.
Aus Al-Ula haben Pavel und Miho auch das Foto mitgebracht (s. oben), dessen Bearbeitung sie hier zeigen möchten. Denn gerade in Felsenlandschaften befinden sich Fotografierende oftmals in extremen Gegenlichtsituationen, die eine jede Kamera an ihre Grenzen bringen. So liegt der Vordergrund im Schatten und in der Ferne strahlt gleißendes Sonnenlicht.
Normalerweise ist in einem Foto der Hintergrund dann überstrahlt – enthält also reines Weiß und damit keine Strukturen mehr. Es sei denn, Sie messen die Belichtung für das Foto anhand der hellsten Stellen im Bild, also dem Hintergrund. So besitzt das Hintergrundmotiv alle Farben und Details, die es benötigt, und eine selektive Aufhellung im Vordergrund wird die Felsenlandschaft geheimnisvoll leuchten lassen.
Erreicht wird dieser Look durch selektive Anpassungen auf Basis von Luminanzbereichen in Adobe Lightroom oder Camera RAW. Lesen Sie hier, wie das geht!
► Tipp: Camera RAW ist ein Teil der Creative Cloud von Adobe und gehört zu Photoshop. Hier können Sie Adobe Photoshop kostenlos testen.
Mit ihrer unterhaltsamen Art und ihrem unverwechselbaren Bildstil inspirieren Pavel Kaplun und Miho Birimisa alias „Kreativstudio Pavel Kaplun“ seit vielen Jahren die Foto- und Bildbearbeitungs-Szene.
Noch mehr Fachwissen von den beiden Profis finden Sie in ihrem Online-Shop, wo Sie informative Videotrainings, spannende Workshops und praktische Presets erwarten.
Gegelichtfotos mit Camera RAW in 7 Schritten verbessern
1. Grundeinstellungen
Hier nehmen wir globale Korrekturen am Bild vor. Die Belichtung wird erhöht, Schatten werden aufgehellt, Lichter reduziert und gleichzeitig der Kontrast, die Klarheit und die Strukturen verstärkt. Die Verstärkung der Weiß-Werte und der Dynamik sorgen für eine Wiederkehr klarerer Farben im Bild.
2. Nachschärfen
Unter „Details“ schärfen wir als nächstes kleinere Strukturen nach, entfernen das Farbrauschen und reduzieren das Luminanzrauschen ein wenig. Die restliche Rauschreduzierung erfolgt im Rahmen selektiver Korrekturen in einem späteren Schritt.
3. Farben optimieren
Da wir das Bild aufgehellt haben, reduzieren wir die Luminanz der Blau- und Cyantöne, um dem Himmel ein wenig mehr Intensität zu verleihen. Wie man sieht, gehen die globalen Korrekturen in die richtige Richtung, liefern aber nicht das finale Ergebnis.
Der finale Bildlook entsteht erst durch die Anwendung selektiver Korrekturen, die das Foto weiter aufhellen. Entscheidend ist hierbei die Präzision des Übergangs zwischen aufgehellten und nicht aufgehellten Bereichen.
Ein unsauberes Arbeiten lässt das Foto sofort künstlich und minderwertig aussehen. Für die selektiven Korrekturen nutzen wir die Maskieren-Funktion in Camera Raw, die aber genauso in Lightroom oder Lightroom Classic nachvollzogen werden kann. Zur Veranschaulichung ist die Maskierung grün eingefärbt.
4. Gesamtbild aufhellen
Die erste Maskierung hellt das gesamte Bild und die Schattenbereiche noch einmal deutlich auf und kompensiert den Farbverlust durch eine Farbverschiebung in den wärmeren Bereich und eine Farbüberlagerung mit einem leichten Orange. Gleichzeitig reduzieren wir das Rauschen und gleichen den Schärfeverlust durch eine Verstärkung der Strukturen und …
5. Helle Bereiche abziehen
… der Klarheit aus. Die Maskierung geht über das ganze Bild, obwohl wir ja nur die Schattenbereiche bearbeiten wollen. Der Grund dafür ist einfach: Die zweite Maskierung zieht nun die hellen Bildbereiche, also den Himmel und den Hintergrund, von der ersten Maskierung ab. Dies geschieht über eine Luminanzmaske, die wir durch den Einsatz eines Pinsels noch …
6. Baum nachjustieren
… geringfügig korrigieren. Übrig bleibt damit der Sandstein im Vordergrund. Somit ist unser Bild fast fertig, allerdings wirken die Felsen im Vordergrund fast dominanter als das Motiv im Hintergrund. Deshalb hellen wir über einen Pinsel den Baum ein wenig auf und verleihen ihm eine wärmere Farbstimmung. Abschließend prüfen wir noch einmal den …
7. Finale Akzente setzen
… Gesamteindruck des Fotos und nehmen je nach Bedarf selektive Korrekturen vor. In diesem Fall erhöhen wir noch einmal selektiv die Weiß-Werte und die Lichter, damit die Felsen noch plastischer wirken. In der rechten unteren Ecke setzen wir einen Lichtstreifen, der gleichzeitig als Eckenläufer wirkt und die Wirkung des natürlichen Bilderrahmens optimiert.
Al-Ula ist eine Oase im nordwestlichen Saudi-Arabien. Sie beeindruckt neben einer über 200.000 Jahre alten Zivilisationsgeschichte durch spektakuläre Felslandschaften, sagenumwobene Grabstätten und Altstädte, die dem UNESCO-Weltkulturerbe angehören, und ein breit gefächertes Kulturangebot mit internationaler Reichweite.
Gerade für Fotograf*innen bietet sich die Gelegenheit, Sehenswürdigkeiten ohne die andernorts typischen Besucherströme zu fotografieren und alles hautnah erleben zu können – so auch bei Pavels und Mihos Besuch des Sharaan Nature Reserve, einer fast surrealen Welt aus Wüste und Sandsteinformationen.