Wir sind überall von floralen Prachtexemplaren umgeben. Nicht nur im Wald oder im eigenen Garten, auch in den Stadtparks finden Sie tolle Fotomotive. Profifotografin Christina Lourenço zeigt Ihnen hier, wie Sie diese aufnehmen und die Fotos am PC mit Lightroom CC optimieren.
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Blumenporträts mit Adobe Lightroom CC bearbeiten
Was als Hobby begann, wurde zur Leidenschaft und schließlich zum Beruf. Mein Werdegang als Fotografin begann mit der gleichen Liebe zur Naturfotografie, wie sie mein Vater in sich trug. Beruflich schlug ich zunächst einen anderen Weg, nämlich den der Grundschullehrerin, ein.
Die Fotografie begleitete mich jedoch stets und ich lernte kontinuierlich autodidaktisch und durch Workshops dazu. Schließlich kehrte ich dem Lehrerdasein den Rücken und bin mittlerweile in mehreren Genres der Fotografie zu Hause. Die Begeisterung für die Natur- und Makrofotografie ist allerdings ungetrübt.
Darin kann ich mich vollends verlieren. Gerne ziehe ich mit meiner Kamera durch die Natur oder durch diverse Parks. Meist in Kombination mit einem meiner manuellen Objektive. Die Lichtverhältnisse spielen, wie auch in anderen Bereichen der Fotografie, eine große Rolle. Dies heißt aber nicht, dass Sie nicht auch um die Mittagszeit fotografieren gehen dürfen. Dann sollten Sie sich jedoch schattige Plätze mit diffusem Licht für die Aufnahmen suchen.
Ursprünglich nutzte Christina für die Natur- bzw. Makrofotografie ein klassisches Makroobjektiv, das ihr über die Jahre hinweg ans Herz gewachsen ist. In der Anfangszeit kam auch noch regelmäßig ein Stativ zum Einsatz. Mit der Zeit merkte Christina dennoch, dass es ihr leichter fiel, ohne Stativ zu fotografieren.
So war sie freier und konnte leichter mit dem Licht experimentieren. Hinzu kam, dass sie nach und nach diverse manuelle Objektive für sich entdeckte, mit denen sie ihren Bildern besondere Effekte verleihen kann. Auch hier schätzt sie das freie Agieren mit der Kamera.
Gerne nutzt sie das einfallende Licht, um bewusst Blendenflecken oder sonstige eigentlich unerwünschte Störungen zu erzeugen, die die Bildaussage unterstützen. Neuerdings kommt das Trioplan 100 von Meyer Optik Görlitz häufig zum Einsatz, da es ein wunderbares kreisförmiges Bokeh erzeugt. Um damit näher an das Motiv heranzukönnen, empfiehlt Christina den Einsatz kostengünstiger, aber effektiver Makrofilter.
Das grelle Sonnenlicht ist eher zu meiden. Kann ich es einrichten, bevorzuge ich den Morgen oder Abend. Das goldene Licht, wenn der Tag zu Ende geht, liebe ich. Nicht nur das Licht ist samtig, es lässt sich auch leichter kreativ fotografieren. Gerne mal gegen das Licht, um mit dem einfallenden Licht und der Blende zu spielen.
Fast immer gilt: Je offener die Blende, desto besser. Nur so erhalten Sie eine geringe Schärfentiefe und können das Motiv im Vordergrund vom verschwommenen Hintergrund abheben. Auch windige Wetterverhältnisse sind kein Aus für schöne Natur- und Makrofotos, sofern Sie es ein wenig abstrakter mögen. Ist es nicht zu hell, erstelle ich gerne verwischte Aufnahmen, indem ich den ISOWert herunterdrehe, die Zeit verlängere und ggf. abblende.
Unter Umständen die Kamera noch ein wenig bewegen – und schon können Sie sich über etwas andere Naturaufnahmen freuen. Alternativ fotografiere ich gerne bewusst unscharf, um den Betrachtenden noch etwas Raum für die eigene Fantasie zu geben. Auch ein Perspektivenwechsel lohnt sich. Interessant ist es beispielsweise, aus der Froschperspektive zu fotografieren.
Bearbeiten Sie Ihre Schätze anschließend, lässt sich die Wirkung durch individuelle Farbgestaltungen verstärken. Deshalb ist das Fotografieren im RAW-Modus empfehlenswert, um sich alle Möglichkeiten offen zu lassen. Wie sich dies in Adobe Lightroom Classic umsetzen lässt, zeige ich Ihnen in diesem Workshop.
Durch die Nachbearbeitung lassen sich die unterschiedlichsten Farblooks kreieren – mal dezent in Pastelltönen, mal in kräftigen, warmen Farben. Gleich, ob Sie mit einem konkreten Schärfepunkt oder bewusst unscharf fotografiert haben, um mehr Raum für Fantasie zu geben.
Schritt für Schritt: Blumenfotos mit Lightroom optimieren
1. Erste Anpassungen
In den Grundeinstellungen werden die ersten Korrekturen für einen geheimnisvollen Bildlook wie hier bei den Maiglöckchen vorgenommen:
Die Belichtung wird auf +0,65 gestellt, der Kontrast auf –30 verringert, die Lichter auf +84, die Tiefen auf +80, Weiß auf +20 und Schwarz auf +30 erhöht (1). Das Bild wurde ursprünglich bewusst etwas unterbelichtet, da Christina bereits bei der Aufnahme die Idee hatte, dem Foto eine geheimnisvolle Wirkung zu verleihen.
Allgemein lässt sich eine RAW-Datei in der Nachbearbeitung leicht in der Helligkeit anpassen. Eine zu starke Überbelichtung der weißen Bereiche sollten Sie am besten vermeiden.
2. Details hervorheben
Für den zweiten Schritt bleiben Sie noch in den Grundeinstellungen, denn es geht darum, dem Bild mehr Schärfe zu verleihen und die Sättigung zu vermindern. Dafür wird der Regler für die Struktur auf +100 geschoben, der für Klarheit auf +9.
Dazu reduzieren Sie die Dynamik auf –10 und Sättigung auf –15 (1). Damit wirkt die Aufnahme schärfer, dafür aber blasser in den Farben. Schließlich wird der Betrag-Regler unter Details > Schärfen auf 110 (2) geschoben.
3. Beschnitt anpassen
Das Bild bedient klassisch den sogenannten „Goldenen Schnitt“. Um den Effekt zu erhöhen, dass der Stiel des Maiglöckchens aus der linken unteren Ecke ins Foto tritt, wird durch Freistellen (1) der Bildausschnitt angepasst. Hierbei helfen die Hilfslinien, die bei Lightroom automatisch angezeigt werden.
4. Feinretusche
Es ist persönliche Geschmackssache, ob man bei einem Natur- bzw. Makrofoto störende Elemente retuschiert. Die auffälligsten Objekte – hier die braunen Mini-Flecken auf den Maiglöckchen – können Sie mit den Werkzeugen Reparieren und Inhaltsbasiertes Entfernen (1) beseitigen.
In beiden Fällen wird Weiche Kante auf 81 gestellt, der Deckkraft-Regler auf 100 (2) geschoben. Die Pinselgröße wird stets dem zu retuschierenden Element angepasst. Um besser arbeiten zu können, zoomen Sie ins Bild hinein. Nach der Retusche wirkt Christinas Foto immer noch natürlich, die Flecken sind aber weg.
5. Farben optimieren
Nun sind die wichtigsten Vorarbeiten bereits erledigt und es kann an den „Feinschliff“ der Naturaufnahme gehen. Dafür brauchen Sie die Gradationskurve (1). Stellen hier folgende Werte ein: Lichter –6, Helle Mitteltöne +2, Dunkle Mitteltöne –20 (2). Im nächsten Schritt können Sie unter HSL/Farbe sowohl Farbton, Sättigung als auch Luminanz ersichtlich anpassen (3).
6. Lichter und Schatten
Nun widmen Sie sich der Anpassung unter Color-Grading (1). Die Mitteltöne bleiben unberührt. Bei Schatten (2) wird der mittlere Einstellpunkt auf 14, der Äußere auf 225 geschoben. Unter Lichter (3) wird der mittlere Punkt auf 13, der Äußere auf 72 gestellt. Der Überblenden-Regler wird auf 100 (4) geschoben.
7. Vignette hinzufügen
Unter Effekte wird nun eine Vignettierung vorgenommen. Dafür wechseln Sie den Stil auf Farbpriorität (1) und stellen Folgendes ein: Betrag –15, Mittelpunkt 0, Weiche Kante 100, Lichter 100 (2).
8. Kalibrieren
Hier wird die Kalibrierung verändert. Der Schattenregler wird auf –40 (1) geschoben. Die Regler bei Rot werden auf +30 und –80 geschoben, bei Grün auf –6 und +100, bei Blau auf –80 und +70 (2).
9. Finale Anpassung
Für die finale Anpassung gehen Sie nochmals zurück zur Gradationskurve (1). Hier können Sie noch die Punktkurve (2) sowie die einzelnen Farbkanäle (3) bearbeiten. Auf diesem Wege kommen Sie zum endgültigen Bildergebnis von Christina (4).
Christina Lourenço (45, geboren in Mannheim) lebt und arbeitet in Iffezheim im Landkreis Rastatt am Oberrhein. Die Faszination für Fotografie erbte sie von ihrem Vater und so fotografierte sie bereits als Kind und Jugendliche gerne. Zunächst begleitete sie die Fotografie jedoch nur nebenberuflich.
Vor allem die Makro- und Eventfotografie spielte stets eine große Rolle. Den Lehrerberuf gab sie zwischenzeitlich auf, um ausschließlich als Fotografin sowie freie Journalistin und Autorin arbeiten zu können. So konnte sie ihre Leidenschaft zum Beruf machen.
Christina zeigt ihre Natur- und Makroaufnahmen regelmäßig auf Instagram, verkauft ihre Fotos auch als Wandbilder und gibt Workshops in Kleingruppen oder für Einzelpersonen.