Unendliche Weiten, wilde Natur und geschichtsträchtige Architektur: Karelien und die Kola-Halbinsel gehören zu den am dünnsten besiedelten Regionen weltweit. Nur einer der Gründe für Ruth und Jürgen Haberhauer, den Landstrich im Nordwesten von Russland mit ihrer Kamera zu erforschen und uns mit ihren Bildern einen Einblick in die unbekannte Welt zu schenken.
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Karelien und die Kola-Halbinsel: zwei russische Regionen, die wahrscheinlich nur bei wenigen Menschen konkrete Bilder vor dem inneren Auge hervorrufen. Für Ruth und Jürgen Haberhauer eines der schlagenden Argumente, den noch so unerschlossenen Landstrich im Nordwesten von Russland zum Hauptziel ihres Roadtrips zu machen. Ganz bewusst wählte das Paar für ihre 3-monatige Fotoreise eine Destination, die noch nicht in aller Munde ist, um sich vor Ort ihre eigenen Eindrücke zu verschaffen und im Nachhinein darüber zu berichten: „Nach Russland wollten wir auf alle Fälle – das wussten wir von Anfang an“, so Jürgen Haberhauer und erzählt weiter: „Als Ruth dann diese Gegend auskundschafte und wir bemerkten, dass noch nicht viel darüber geschrieben wurde, reizte es uns noch mehr!“
Im Mai 2015 war es dann endlich so weit: Mit einem extra für die Reise gekauften und umgebauten Geländewagen sagten die Baden-Württemberger ihrer Heimat – dem kleinen mittelalterlichen Bad Wimpfen nahe Heilbronn – „Auf Wiedersehen“ und starteten ihre lang ersehnte Reise in den Nordosten Europas: „Über Polen und das Baltikum fuhren wir nach Tallinn und nahmen die Fähre nach Helsinki. Dort verbrachten wir einen Monat im finnischen Karelien, bis wir endlich die Grenze zum russischen Teil überquerten“, so Haberhauer.
Auf russischen Wegen
Angekommen in der autonomen Republik Karelien ging es – nach einem kurzen Abstecher in den Süden – von nun an immer weiter nordwärts, durch die Halbinsel Kola am Weißen Meer bis an die Barentssee. Das Landschaftsbild, das sich hierbei vor den neugierigen Augen der Haberhauers ausbreitete, übertraf all ihre Vorstellungen: „Die Natur ist ähnlich wie in Finnland, nur sehr viel wilder! Mit unzähligen Seen, flachen Graslandschaften, riesigen Wäldern und wilden Tieren, wie Braunbären und Rentieren, kommen Naturliebhaber voll auf ihre Kosten“, schwärmt Ruth Haberhauer, während ihr Mann ergänzt: „Fasziniert hat uns vor allem die Einsamkeit. Teilweise ist die Region menschenleer.“
Der eigene Geländewagen zeigte sich auf der Fahrt durch das karelische Naturreich nicht nur als treuer Gefährte auf teils holprigen Pisten, sondern entpuppte sich ebenso als Kontakte-Knüpfer. „Immer wieder kamen die Menschen aufgrund des deutschen Nummernschilds auf uns zu und hießen uns willkommen“, verrät Jürgen Haberhauer. In näheren Kontakt mit den Kareliern kam das Paar auch über sogenannte „Gostinizas“: „In der Natur haben wir auf unserem Wagen im Dachzelt geschlafen. In den Städten übernachteten wir jedoch lieber in kleinen Gasthäusern, in denen man sich Bad und Küche mit den Einheimischen teilt“, so Ruth Haberhauer. Dadurch erhielten die beiden nicht nur einen authentischen Blick in das Leben der Menschen vor Ort, sondern machten auch spontane Bekanntschaften, die sich zum Teil als echte Glücksgriffe herausstellten: „Wir erhielten Tipps und Informationen, an die wir sonst nie gekommen wären.
Kräuterschnaps am Lagerfeuer
Die Russen zeigten sich unglaublich hilfsbereit und ließen teilweise extra ihre Arbeit stehen und liegen, nur um uns durch die Gegend zu führen“, erzählt Jürgen Haberhauer begeistert und seine Frau fügt hinzu: „An Reiseinfos zu kommen, war generell eher schwierig. Spricht man kein Russisch, oder wie ich nur ein wenig, muss man sich wirklich durchkämpfen.“ Allgemein scheinen die zwischenmenschlichen Begegnungen die Haberhauers am meisten überrascht und berührt zu haben. So erzählt Ruth Haberhauer von einem Erlebnis, dass ihr nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist: „Direkt am zweiten Abend lernten wir auf einem Campingplatz zwei russische Familien kennen, tranken gemeinsam Kräuterschnaps am Lagerfeuer und kommunizierten mit Händen und Füßen. Die Stimmung war so herzlich und ich fühlte mich direkt willkommen.“
Andere Touristen erwiesen sich als echte Rarität auf ihrer Reise und so trafen sie während der Zeit nur auf ein französisches Paar. Gefehlt hat das den beiden jedoch nicht: Für sie stand das Fotografieren im Mittelpunkt – immer mit dem Ziel vor Augen, ein möglichst umfassendes Bild dieser recht unbekannten Gegend in Russland einzufangen: Erkundet haben die Haberhauers auf ihrer Reise uralte Steinritzungen über jahrhundertealte Holzkirchen bis hin zu Schauplätzen aus dem Zweiten Weltkrieg.
Als Nächstes plant das Paar eine 1-jährige Tour durch die Mongolei und weitere Teile Russlands. Bis die Fahrt jedoch wieder losgehen kann, schwelgen sie weiter in den schönen Erinnerungen, teilen diese in ihrem Buch „Nordwärts“ und machen das „unbekannte Land“ somit ein kleines bisschen bekannter.
Die russische Republik Karelien liegt in Nordosteuropa, grenzt im Westen direkt an Finnland und im Süden an die Leningrader Oblast. Die Halbinsel Kola gehört zum Oblast Murmansk und wird im Norden von der Barentssee und im Osten vom Weißen Meer umflossen.
Wetter:
Während der Sommer in Nordwest-Russland relativ kurz und mild ist, beherrscht der Winter das Jahr mit kalten Temperaturen und viel Schnee. Als gute Reisezeit gelten Juli und August – dann kann das Thermometer bei wechselhaftem Wetter auch 20 C° anzeigen.
Anreise:
Kareliens Hauptstadt Petrosawodsk liegt etwa 400 km von Sankt-Petersburg und 700 km von Moskau entfernt und ist von beiden Punkten mit dem Zug zu erreichen. Von dort aus lassen sich die Regionen am besten mit dem eigenen Geländewagen erkunden.
Währung:
In der Republik Karelien und auf der Kola-Halbinsel wird mit dem russischen Rubel bezahlt.
Highlights:
Wilde Wälder, stille Seen und malerische Weiten: Karelien und die Kola-Halbinsel locken mit idyllischer und unberührter Natur. Zu den kulturellen Höhepunkten gehören u. a. das Freilichtmuseum auf Kischi, das Kloster Walaam und die Insel Solowezki.
Die Fotografen
Ruth und Jürgen Haberhauer kamen schon in frühester Kindheit mit dem Fernweh in Berührung und sind nun seit über zwei Jahrzehnten gemeinsam in der Welt unterwegs. Unabhängig von ihrem Reiseziel steht für beide die Neugierde an fremden Kulturen und der Respekt vor anderen Lebensvorstellungen im Vordergrund. Von ihren Reisen berichten sie
regelmäßig in Live-Reportagen und Artikeln.