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„Lieber komme ich mit einigen wenigen, aber hochwertigen Fotos nach Hause.“ – Natur- und Landschaftsfotograf Tobias Ryser im Interview

Tobias Ryser sucht ganz gezielt nach seinen Motiven. Als Fotograf schafft er es, die Einzigartigkeit der Schweizer Landschaft festzuhalten – ohne in Klischees zu verfallen. Dabei zählt für ihn jeder Augenblick, den er draußen in seiner Heimat verbringen kann. Wir haben uns mit ihm über seine Arbeitsweise unterhalten.

Tobias Ryser im Interview

Oft vergehen Wochen, manchmal auch Monate und einige Male sogar Jahre, bis Tobias Ryser ein Naturmotiv so vorfindet, wie er es gerne ablichten möchte. Dafür sprechen die Resultate für sich. Seine faszinierenden Aufnahmen strahlen eine fast meditative Ruhe aus. Es sind wohl komponierte Landschaftsmomente im perfekten Licht.

Wie der Schweizer seine Fotos erstellt, verrät er uns im Interview.

5 Profi-Tipps für Landschaftsfotos
  • Die Morgenstunden oder Sonnenuntergänge bieten das beste Licht. Eine Bergtour sollte gut geplant sein, damit Sie die beste Lichtstimmung nicht verpassen.
  • Wer im Gebirge oder auf Wanderung fotografiert, wird schnell eine leichte Ausrüstung zu schätzen wissen. Bei kaum einem anderen Genre spielt das Gewicht eine so entscheidende Rolle.
  • Ein Stativ ist unverzichtbar, wenn es darum geht, eine Aufnahme genau zu gestalten oder mit einer längeren Belichtungszeit zu arbeiten. Hier finden Sie unsere aktuellen Stativempfehlungen.
  • Lieber ein Zoomobjektiv als mehrere Festbrennweiten. Für den Anfang empfiehlt sich ein lichtstarkes Weitwinkelzoom.
  • Achten Sie auf das Wetter: Apps geben heutzutage sehr genaue Vorhersagen.

DigitalPHOTO: Herr Ryser, Ihre Fotos entstehen in erster Linie in Ihrer Heimat, der Schweiz. Was reizt Sie an Ihrer Heimatregion?

Tobias Ryser: Ich bin tatsächlich seit Beginn meiner Fototätigkeit fast ausschließlich in meinem Heimatland unterwegs. Hier fühle ich mich wohl und kenne mich aus. Die Schweiz ist ein Paradies für Naturfotografen, landschaftlich unglaublich divers.

Man findet auf kleinem Raum eine Vielzahl an unterschiedlichen Lebensräumen und Landschaftstypen – vom immergrünen, dschungelähnlichen Wald bis zur eisblauen Gletscherhöhle. Dabei suche ich lieber unbekannte Spots als die klassischen, bekannten Motive in unserem Land. Ganz besonders schätze ich den starken Einfluss der Jahreszeiten und die damit verbundene Wandelbarkeit unserer Landschaften.

Wie planen Sie eine Fototour?

Die meisten Bilder entstehen zuerst im Kopf, bevor ich sie fotografisch umsetze. Wenn mich ein Motiv anspricht, versuche ich, dann vor Ort zu sein, wenn die Landschaft ihre volle Schönheit entfaltet und das Licht passt.

Manchmal vergehen einige Jahre und einige Versuche, bis ich eine bestimmte Szene so fotografieren kann, wie ich mir das vorstelle. Als emotionaler Mensch verfüge ich über feine Antennen und taste mich intuitiv an ein Bild heran.

Was recherchieren Sie im Vorfeld?

Für mich spielen das Licht, die Wetterverhältnisse und der Zustand einer Landschaft die wichtigste Rolle. Ich beschäftige mich deshalb fast täglich mit verschiedenen Wettermodellen und simuliere im Vorfeld einer Fototour die Lichtverhältnisse mithilfe von Apps wie Peak Finder oder The Photographer’s Ephemeris.

Blütezeitpunkte oder besondere Ereignisse wie auftauende oder zufrierende Bergseen kann ich dank jahrelanger Erfahrung und meinem beruflichen Hintergrund gut abschätzen.

Welche Ausrüstung nehmen Sie immer mit?

Ich arbeite mit Kameras von Nikon. Aktuell fotografiere ich hauptsächlich mit meiner D850. In den nächsten Wochen werde ich vollständig auf das spiegellose System wechseln und mir die Z 9 und einige Z-Nikkore anschaffen.

In meinem Fotorucksack habe ich jeweils verschiedene Objektive dabei, die den Brennweitenbereich von 14 bis 400 mm abdecken. Je nach Bildidee auch lichtstarkes Glas. Neben einem Gitzo-Stativ sind auch immer einige Filter mit dabei, die ich aber nicht sehr oft einsetze.

Auf welche Parameter achten Sie besonders – sprich Farben, Perspektive etc.?

Beim Fotografieren bin ich ein Perfektionist und mein größter Kritiker. Wer in der Natur besondere Bilder machen möchte, benötigt Zeit und ein Gespür für das Außergewöhnliche, denn die bezauberndsten Motive findet man normalerweise selten auf Augenhöhe am Wegrand.

Die Suche nach den schönsten Bildausschnitten gleicht vielmehr einer Schatzsuche und erfordert einen ausgeprägten Entdeckergeist, wachsame Augen und einen Sinn für Ästhetik. Auf einer Fototour suche ich tagsüber nach schönen Kompositionen und simuliere im Kopf den Lichteinfall bei passenderem Licht. So entsteht ein Drehbuch für das Fotografieren am Morgen und am Abend.

Sie scheinen ein großes Interesse an Bäumen zu haben. Was gefällt Ihnen daran?

Im Allgemeinen liebe ich charakterstarke Motive wie archaische Berge, unberührte Schneelandschaften oder imposante Vegetation. Bäume interessieren mich nicht perse, sondern erst dann, wenn sie mich mit ihrer Gestalt, ihrem Standort oder ihrem Zustand inspirieren.

Als ausgebildeter Landschaftsarchitekt und mehrjähriger Schutzgebietsbetreuer kenne ich die einheimischen Bäume sehr gut und weiß, welche Ansprüche sie an ihren Lebensraum stellen. So gelingt es mir immer wieder, besondere Exemplare aufzuspüren, die ich dann richtiggehend ins Herz schließe.

Was verbinden Sie mit der Natur – gibt es Kindheitserinnerungen?

Bereits als kleiner Junge und später als Jugendlicher verbrachte ich viel Zeit draußen in der Natur und war mit meinen Eltern oder Großeltern regelmäßig in den Bergen unterwegs. Dies hat mich wohl nachhaltiger geprägt, als ich es damals für möglich gehalten habe – wofür ich heute sehr dankbar bin.

Ein Tag in der Natur gibt mir Energie, auch wenn die Märsche und Wanderungen zu den Fotospots oft kräftezehrend sind und gerade in den Bergen mit Strapazen verbunden sind.

Seit wann begehen Sie eigentlich den fotografischen Weg – und ab wann waren Landschaften Ihre bevorzugten Motive?

Ambitioniert fotografiere ich seit über zehn Jahren und verdiene als Berufsfotograf seit mehreren Jahren mein Geld mit der Fotografie. Die Natur- und Landschaftsfotografie war Liebe auf den ersten Blick und begeistert mich heute mehr denn je.

Was fasziniert Sie am Genre Landschaftsfotografie?

Ein wesentlicher Punkt ist, dass ich durch meine Fotografie viel Zeit in der Natur verbringe. Die Stille und Einsamkeit in der Bergwelt erlebe ich nicht als bedrohlich, sondern mit einem freudigen, abenteuerlustigen Herzen.

Maßgeblich für eine gelungene Fototour sind nicht nur die entstandenen Bilder, sondern vielmehr das gesamte Naturerlebnis mit all seinen unterschiedlichen Facetten. Denn man weiß im Voraus nie genau, was einen wirklich erwartet, und muss flexibel auf bestimmte Situationen reagieren können.

Welche fotografischen Momente sind für Sie besonders wertvoll?

Bilder, die ich mir verdienen muss, haben für mich persönlich den größten emotionalen Wert. Die Jagd nach dem perfekten Moment an einem abgelegenen Standort erlebe ich immer als ein großes Abenteuer. Manchmal komme ich dabei an meine körperlichen Grenzen, hole mir beinahe Erfrierungen oder harre in einem Unwetter aus.

Dann wird mir immer wieder bewusst, wie klein und zerbrechlich wir eigentlich sind, und ich fühle mich nichtsdestotrotz oder gerade deshalb lebendig und leidenschaftlich. Begegnungen mit Wildtieren, die sich mir gegenüber entspannt zeigen, freuen mich immer ganz besonders.

Wie viele Bilder erstellen Sie pro Motiv?

Generell fotografiere ich gezielt und vermeide eine Bilderflut. Lieber komme ich mit einigen wenigen, aber hochwertigen Fotos nach Hause. Wenn das Licht nicht passt, lasse ich die Kamera im Fotorucksack und genieße den Natur-Moment ganz bewusst.

Wie geht es in der Bildbearbeitung weiter?

Für die Bildbearbeitung investiere ich so wenig Zeit wie möglich. Bei den allermeisten meiner Bilder handelt es sich um eine Einzelaufnahme, die ich innerhalb von ein, zwei Minuten mit Adobe Lightroom entwickle. Wenn draußen alles passt, benötigt ein RAW-Bild nur noch einen gezielten Feinschliff. Aus einem Rohdiamanten entsteht dann mit einigen wenigen Entwicklungsschritten ein kostbares Juwel.

Bildmanipulationen lehne ich grundsätzlich ab.

Was sind für Ihre Bilder die besten Tageszeiten zum Fotografieren?

Normalerweise sind das die Morgen- oder Abendstunden, wenn die Sonne tief steht oder die blauen Dämmerungsphasen. Bei dramatischen Licht- und Wetterverhältnissen entstehen manche meiner Bild aber auch mitten am Tag. In der Nacht mag ich den Mond für besonders weiche Lichtstimmungen.

Sie bieten auch Fototouren an – was sind hier die Inhalte, wofür stehen Ihre Kurse?

Meiner Kundschaft möchte ich dieselben Emotionen bieten, die ich an der Naturfotografie selber liebe und gebe alles für ein authentisches, umfangreiches Naturerlebnis voller fotografischer Highlights.

Die leuchtenden Augen meiner Kursteilnehmenden machen mich glücklich und dankbar zugleich. Dafür zaubere ich gerne auch einmal eine gekühlte Flasche Weißwein aus dem Gletschersee, koche heißen Kaffee im Morgengrauen und fördere aktiv den Teamspirit untereinander.

Der Fotograf

Der Schweizer Natur- und Landschaftsfotograf Tobias Ryser (40) war schon als Kind fasziniert von der Natur und liebte es, draußen unterwegs zu sein. Nach dem Studium zum Landschaftsarchitekten arbeitete er mehrere Jahre als Schutzgebietsbetreuer in zwei Naturschutzgebieten von nationaler Bedeutung.

Parallel dazu begann er, sich intensiv mit der Naturfotografie zu beschäftigen, und fand darin, wie er selbst sagt, seine Bestimmung. Heute gehört er zu den erfolgreichsten Naturfotografen der Schweiz. Seine Bilder werden regelmäßig publiziert und wurden mehrfach prämiert in diversen internationalen und nationalen Wettbewerben.

Im Jahr 2016 wurde er als Schweizer Naturfotograf des Jahres ausgezeichnet.

www.tobias-ryser.ch