In nur fünf Jahren haben Smartphones wie das iPhone nicht nur MP 3-Player, PDAs und Netbooks verdrängt, sondern sie nagen auch beharrlich am Segment der digitalen Kameras. Droht den Kompakten etwa das Aus? Nein, sagt unser Autor Christian Rentrop. Welche Kompaktklassen sich immer noch lohnen, erfahren Sie im großen Vergleich.
Waren die ersten Fotohandys und Smartphones noch eher primitive Gerätschaften mit kleiner Auflösung, rauschbehafteten Bildern und einem langsamen Autofokus, so sind heutige Smartphones mit alltagstauglichen Megapixelwerten, hochwertiger Bildqualität und lichtstarken Optiken längst auf dem Weg, die Kompaktkameras zu verdrängen. Das Problem: Die untere Kompaktklasse bietet kaum Unterschiede zur Smartphone-Qualität. Mehr Megapixel und ein optischer Zoom reichen nicht mehr als Kaufargument aus. Und auch hier ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch diese Vorteile verloren gehen. Doch das Segment hat noch ein anderes Problem, denn von oben drücken Kameras mit (semi-)professionellem Anspruch: Wer ernsthaft fotografieren möchte, greift schon lange nicht mehr zur Kompakten, sondern wählt eine digitale Spiegelreflex-oder eine Systemkamera. Fast jeder, der ein Smartphone und eines der Wechseloptik-Systeme im Einsatz hat, fragt sich deshalb zwangsläufig, ob eine Kompaktkamera als Zwischenschritt überhaupt noch sinnvoll ist. Lohnt sich heute überhaupt noch der Kaufeiner Kompaktkamera?
Wie sinnvoll ist das Smartphone als Kamera?
Als um 2003 die ersten Handys mit eingebauten Kameras auftauchten, war der Kampf eröffnet: Die Handys boten einen gewissen Vorteil gegenüber den damaligen Kameras, waren klein, immer dabei und immer zur Hand für einen Schnappschuss. Technisch und optisch waren diese Kameras allerdings Spielzeug, nichts, womit anspruchsvolle Fotografen Freude gehabt hätten. Das ist heute anders: iPhone 5, Samsung Galaxy S4 und Sony Xperia V besitzen Kameras, deren Aufnahmequalität an die guter Kompakte heranreicht. Mit 8 bis 13 Megapixeln (oder sogar 41 MP beim neuen Nokia Lumia 1020) sind auch große Abzüge möglich. Selbst wenn allen genannten Geräten – so wie dem größten Teil des Wettbewerbs – der optische Zoom fehlt. Der wird jedoch spätestens bei Geräten wie dem Lumia 1020 durch die enorme Auflösung kompensiert.
Warum Smartphone statt Kompaktkamera?
Die wohl größten Vorteile des Smartphones gegenüber anderen Digitalkameras sind vor allem ihre kompaktere Größe sowie die Konnektivität. Man kann die Bilder direkt mit GPS-Ortsinformationen ausstatten und per WLAN in Blogs, soziale Netzwerke oder einen Back-up-Speicher laden. Mit einem Handgriff können auch HD-Videos aufgenommen werden und statt Speicherkarten gibt es schnellen Flash-Speicher. In Kombination mit der inzwischen recht guten Bildqualität sind Smartphones im Hinblick auf den Alltagsnutzen fast jeder Kompaktkamera überlegen.
Wo liegen die Grenzen der Smartphone-Fotografie?
Die Grenzen der Smartphone-Fotografie liegen derzeit immer dort, wo hohe Bildqualität und große gestalterische Möglichkeiten gefragt sind. Die Achillesferse fast aller Smartphones sind bauartbedingt Bildsensor und Linse: Zwar sind die Linsen lichtstark und die Bildsensoren dank leistungsfähiger Unterdrückungsmechanismen verhältnismäßig rauscharm, allerdings reichen sie nicht an die Bildqualität vieler Kompakter oder gar System- und Spiegelreflexkameras heran. Auch dort, wo eine hohe Auslösegeschwindigkeit gefragt ist – etwa wenn es darum geht, den Familien-Jack-Russell beim Toben zu fotografieren –, versagen die Handy-Kameras. Hier können sich Kompakte durch Spezialisierung durchaus eine Tür offen halten.
Was spricht noch für eine Kompaktkamera?
Kompaktkameras haben immer noch Vorteile auf der Haben-Seite: Zum einen sind sie reaktionsschneller als die meisten Smartphones und zum anderen liegt die Bildqualität in der Klasse ab 200 Euro meist über dem Smartphone-Foto. Gegenüber System- und Spiegelreflexkameras ist natürlich auch der Preis ins Feld zu führen: Ab 200 Euro erhält man Kompaktkameras wie Panasonics TZ-Reihe mit enormen Zoomfaktoren oder dedizierte Spezialkameras wie Olympus‘ TG-2, eine Outdoor-Kamera, der weder Wasser noch Staub oder Stürze etwas anhaben können und mit d er sich unter Wasser Fotos schießen lassen. Die meisten Smartphones, System- und Spiegelreflexkameras müssen in diesem Bereich passen – oder durch teures Spezialequipment aufgerüstet werden.
GPS, NFC, WLAN, UMTS?
Ein oft genanntes Argument für Smartphones und gegen Kompaktkameras sind GPS, die perfekte Internetanbindung sowie die Möglichkeit, die Bilder sofort ins Internet zu laden. Diesen Kundenwunsch haben auch die Kamerahersteller erkannt und rüsten demnach neue Kompaktmodelle mit WLAN aus. Auch neue Technologien wie NFC kommen hinzu. So lassen sich Kompakte und Smartphones kabellos verbinden.
Was soll ich jetzt kaufen?
Grundsätzlich gilt: Wer viel fotografiert, sollte nicht unbedingt das Smartphone verwenden. Trotz aller Fortschritte sind die Kameras in diesen Geräten immer noch Simpelknipsen ohne optischen Zoom, wenn auch mit guter Bildqualität. Doch wer mehr will, wird kaum auf eine zusätzliche Kamera verzichten können. Moderne Kompakte – insbesondere Edelkompakte mit APSC-Sensor – können sich in Sachen Bild- und Bedienqualität mit System- und APS-C-Spiegelreflexkameras messen. Und auch, wenn Sie eine kompakte Kamera mit großem Zoom oder Outdoor-Fähigkeiten suchen, sind Kompaktkameras eine sehr gute Wahl. Somit wird die Klasse also durch den Druck von Smartphones nicht aussterben – sie wird sich spezialisieren, hochwertiger werden und sich neu erfinden. Billigkompakte dürften allerdings schon bald den Smartphones zum Opfer fallen – hier ist der Unterschied einfach zu gering.